Ein Stahmelner in Jena 

Was wäre die Mathematik ohne, so völlig ohne eckige und runde Klammern 11, 2007

Das Romantikerhaus Jena zeigt eine viel beachtete Sonderausstellung des in Leipzig-Stahmeln ansässi­gen Walfried Posse: ,.Malerei, Objekt. Zeichnung, Schrift". Seine Bilder fangen feinnervig die Schönheit des erwachenden Frühlings (auch in Stahmeln) sowie irischer Landschaft oder südlicher Häuserzeilen u.a.m. ein. Andere regen besonders dazu an, Widersprüch­lichem und versteckt Hintergründigem nachzugehen (sh. „Das Tor zum Paradies'"). Die „Objekte" Possen haben mit schrottverdächtigen Metallteilen nichts ge­mein; sie zeugen vom Vergnügen, in Alltagsgegen­ständen verborgene Botschaften sichtbar zu machen. Seine in ältlicher Schrift angebotenen Wortspiele führen zu höchst aktuellen Aussagen.

Die örtliche wie die regional thüringische Presse zol­len der Ausstellung hohe Aufmerksamkeit und An­erkennung. Der Leiter des Romantikerhauses Jena, Klaus Schwarz sowie der Leipziger Kunstwissen­schaftler Falk Biegoldt würdigten bei der Vernissage die Arbeiten Prof. Possen in bewegenden Worten.

Wer nach Jena fährt, sollte etwas Zeit, innere Ruhe und Neugier mitnehmen, dann kann er viel entdecken. Die Ausstellung läuft noch bis zum 22. Juni. Das Romantikerhaus (Unterm Markt 12a) öffnet Dienstag bis Sonntag 10-17 Uhr.

(W. W.)

Für die Thüringische Landeszeitung schreibt Peter Alexander Fiedler unter der Überschrift „Impressionen und humorige Objekte".

„In bezaubernden Öl- und Acrylbildern zeigt er uns „Das Tor zum Paradies" oder ,.Frühlings Erwachen". Die meisten seiner Gemälde reflektieren Reiseerlebnisse in Kroatien oder Irland. in Ostfriesland oder Frankreich. Doch festlegen auf Impressionen lässt sich der in Leipzig lebende Künstler Walfried Posse nicht. In seiner Ausstellung im Jenaer Romantikerhaus begegnet einem urplötzlich das Bild „Ein schöner Rücken"; in Kohle und Öl hat er die Rückseite eines Gemäldes gemalt. Den Keilrahmen und die Hinterseite der Leinwand sehen wir. Das Hinter-die Dinge-Schauen - hier ist's wörtlich genommen.

Die Vielfalt des Künstlers wird schon am Titel der Schau deutlich: „-Walfried Posse – Malerei, Objekt, Zeichnung, Schrift". Es gibt Schrift- und Stempelbilder zu sehen wie auch „Sprüche und Widersprüche" zu lesen, die er in dem Buch „Posseleien“ vereinte. Und auch satirische Blätter fehlen nicht, so etwa die „Kneip(p)-Kur". wo statt einer medizinischen Behandlung das Innenleben einer Gastwirtschaft gegeben wird.

... Klaus Schwarz betont, dass ihm besonders bei diesen Objekten die Ähnlichkeit mit dem frühromantischen Denken aufgefallen sei, weil Posse „Dinge, die scheinbar nicht zusammengehören, vereint und neue Bedeutheitshorizonte schafft ". .....,Spielen ist Experimentieren mit dem Zufall“ trifft hier zu.

Posses in diesem Jahr geschaffene „Bürokratenschaukel" besteht aus einem Wiegemesser auf dem sieben Stempel angebracht sind. Die Kombination einer Eieruhr und des Zifferblatts einer Uhr wird zum Objekt „Aus-Zeit". „Das Rahmen-Objekt" besteht aus übereinander montierten Bilderrahmen. Den in ein Brett gebohrten Stein benannte er nach dem Sprichwort „.....einen großen Stein im Brett".

Possen Glückswürfel zeigt auf drei Seiten sechs Augen, den Proust Titel „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" gab er einer Uhr ohne Zeiger.

Posse ist eigentlich Thüringer er wurde 1935 in Lehnstedt geboren, machte in Weimar ein Abitur und wurde nach dem Studium an der Leipziger Universität Kunsterzieher in Eisenberg. Doch ab 1960 zog es ihn wie der nach Leipzig, wo er die Professur für Methodik der Kunsterziehung erhielt"

Das Gemälde von Walfried Posse: Klein-Brasilien(2007)
W. Posse: Klein Brasilien, Acryl/Öl, 2007