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Kurz vor der Jahrhundertwende erlebte die Verehrung für den Reichskanzler Otto von Bismarck (1815-1898) ihren Höhepunkt. Keinem Politiker wurde mit der Errichtung von Denkmälem so gedacht, wie dem "Schmied der deutschen Einheit". Schon zu Lebzeiten Bismarcks, jedoch ganz besonders nach seinem Tode, setzte die Grundsteinlegung von Bismarcktürmen ein. In Sachsen gibt es allein 23 Bismarcktürme und Bismarcksäulen. Deutschlandweit sind es 234 Gedenkstätten.
Erhaben und dennoch in schlichtem Stil wurde den Aussichtstürmen ein geeigneter Platz auf Anhöhen und Berggipfeln zugedacht. Sie sollten weit ins Land schauen und von jedermann aus der Ferne als Bismarcktürme erkannt werden. Das Baumaterial, in den meisten Fällen grober Stein, kam aus der heimatlichen Umgebung und gab dem äußeren Bild ein robustes Aussehen.
Fünf Jahre vor Bismarcks hundertjährigem Geburtstag entstand auch in Leipzig der Gedanke, ein Zeichen der Verehrung für Bismarck zu errichten. Es kam zur Gründung einer Bismarck-Gesellschaft, die sich aus ehrwürdigen Bürgern der Stadt und des Umlandes zusammenfügte. Der Initiative des Leipziger Kaufmanns Otto Erler und seiner kostenlosen Bereitstellung des Baulandes ist die Entstehung des Bismarckturmes in Lützschena (damals noch Hänichen) zu verdanken.
Den Anweisungen für Bismarckbauten heimische Baumaterialien zu verwenden, folgte man auch in Lützschena. Förmlich aus einem Stück gegossen erhielt der Bismarckturm in Hänichen die Rohstoffe aus der Elsteraue. Sand und Kies mit Wasser und Zement zu Beton verarbeitet, füllten die Verschalungsformen der Außenwände und verfestigten das "Rundeisengerippe".
Bis in die fünfziger Jahre war der Bismarckturm ein beliebtes Ausflugsziel. Als Denkmalpflege und Heimatkunde in Vergessenheit gerieten, verlor der Turm nicht nur an Bedeutung sondern auch seinen Namen. Aus "Bismarckturm" wurde "Turm der Freundschaft". Der fortschreitende ruinöse Zustand verbot ohnehin das Betreten der Aussichtsterrassen. Das einst gepflegte Umfeld verwahrloste und das Denkmal wurde die "Heimstätte" von Randalierern.
1994 erwarb die Gemeinde Lützschena-Stahmeln den Bismarckturm von der Stadt Leipzig, die seit 1915 Eigentümer war. Heute wieder, durch die Eingemeindung, hat die Stadt Leipzig - d.h. das Kulturamt, das Hochbauamt und das Grünflächenamt (Untere Naturschutzbehörde) - die Hoheit über den Turm übernommen. In konstruktiver Zusammenarbeit zwischen Stadt und Verein werden diesem Freiflächendenkmal sein Erhalt und die Nutzung garantiert.
Im Sommer 1995 erhielt der gesamte Turm ein Baugerüst. Das defekte Entwässerungssystem wurde repariert, eine Blitzschutzanlage montiert und der gesamte Außenputz saniert. Seit März 1997 kann man an den Öff nungstagen die Aussichtsterrassen wieder besteigen und einen weiten Blick ins Umland genießen.
Der im Jahr 1997 gegründete Bismarckturm-Verein e.V.
fühlt sich dem Denkmal ganz besonders verpflichtet. Als höchster Aussichtspunkt im
Nordwesten von Leipzig ist der Aussichtsturm wieder öffentliche Begegnungs- und
Kulturstätte.
2018 wurden die Kugeln und 2019 die inerre Treppe saniert.
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