Liebe und Lust um 1813

1813

 Muster

So lautete die verführerisch erotische Ankündigung für den 08.02.2019 um 19 Uhr im Kaminzimmer der Auwaldstation. Offensichtlich sind die Besucher von Lützschena-Stahmeln nicht so an Erotik (Gesamtheit des Liebeslebens und des partnerschaftlichen Sexualverhaltens, Sinnlichkeit, Liebeskunst, Liebe zu Schönem, Ausstrahlungskraft der sinnlichen Schönheit) interessiert, denn im Gegensatz zu anderen Veranstaltungen, wo das Kaminzimmer stark besucht wird, war es an diesem Abend nur halb gefüllt. Das war sehr schade. Denn außer den herzerfrischenden literarischen und musikalischen Darbietungen von Madame Louise und ihren Töchtern , konnte man feminine Unterwäsche aus der Liebe und Lust um 1813 Zeit des 18. bis 20.Jahrhunderts begutachten. Davon gab es reichlich zu sehen. Auch grafische Darstellung erotischer Szenen wurden von neugierigen Augen betrachtet.
Die drei Damen, die in der Auwaldstation auftraten, wohnen in Liebertwolkwitz.
Dort tobten ähnlich wie in Lützschena die Kriege um 1813. (Befreiungskrieg 1813/14, nationaler Unabhängigkeitskrieg des deutschen Volkes gegen die französische Fremdherrschaft). Die Damen haben sich über die Geschichte aus den kriegerischen Zeiten sehr belesen. Sie haben dabei auch festgestellt, dass bei aller Kriegsführung das Leben, die Lust und die Liebe bei Soldaten und dem Volk weiter bestand. Auch die Kriegsführer lebten nicht ohne partnerschaftliche Liebe.
Der damalige Kaiser der Franzosen (1804 bis 1815) Napoleon Bonaparte (1769 bis 1821) hatte versucht, die halbe Welt sich zu eigen zu machen, er wurde aber von Preußen und dessen verbündeten Staaten aus den deutschen Ländern vertrieben und wurde schließlich auf die britische Insel St. Helena verbannt, wo er 1821 verstarb. Napoleon war nicht nur Kriegsführer und Eroberer, er war auch ein liebeshungriger junger Mann. Seine erste Frau, Josephine de Beauharnais (1763 bis 1814), sie war Witwe, heiratete Napoleon 1796. Sie war sechs Jahre älter als Napoleon und der Schwarm aller Männer in Paris. Er liebte sie sehr und schrieb ihr innige Briefe, die am Schluss des Briefes mit Beschreibung unzähliger Küsse auf den schönen Leib endeten. Diese Heirat wurde durch Scheidung 1810 wegen Kinderlosigkeit beendet.
Jeder Fürst hatte, so war es üblich, eine oder auch mehrere Mätressen, also Geliebte. So auch Napoleon. In der Zeit der Scheidung von seiner ersten Frau war Maria Waleska (1786 bis 1817) seine Geliebte. Sie war Ehefrau des Grafen Colonna-Waleski in Polen. Der gemeinsame Sohn von Napoleon und Maria Waleska, Alexandre Florian Joseph Graf von Colonna-Waleski, wurde 1810 geboren. Im selben Jahr 1810 erfolgte bald nach der Scheidung Napoleons von seiner ersten Frau Josephine die Vermählung mit Marie-Louise von Österreich (1791 bis 1847), sie war die Tochter von Kaiser Franz II. Sie war nun durch diese Heirat Kaiserin von Frankreich (1810 bis 1814). Im Jahr 1814 trennte sie sich von Napoleon und war bis zu ihrem Lebensende Herzogin von Parma. Napoleon hatte also eine sehr unruhige private Zeit während der Kriegsschlachten. In dieser Zeit schrieb er persönlich regelmäßig an die von ihm verehrten Frauen. Viele dieser Briefe sind im Original erhalten.
Die Situation im Leben des normalen Volkes war in den Kriegszeiten sehr schwer. Essensvorräte, Bekleidung und Bettwäsche mussten den Soldaten, von denen viele verletzt waren, übergeben werden. Trotz aller Not gab es auch Lust und Liebe zwischen den Geschlechtern. Die drei Damen, Madame Louise und ihre Töchter, rezitierten und sangen erotische Texte und heiter frivole Lieder. Die Texte beinhalteten den wichtigsten Gedanken: „Der Reiche zu sich hält, der Arme muss ins
Feld“. Mit Flöten, kleiner Trommel, Tamburin (Rahmentrommel mit Schellen) und natürlich mit der Stimme brachten die drei Damen innige und frivole Lieder von Lust und Liebe zu Gehör. Mit „Es waren zwei Königskinder“ (altes Volkslied aus 15. Jhd.) und „Das Lieben bringt groß Freud“ (18. Jhd.) wurde die Liebe zwischen jungen Menschen besungen.
Dass auch Männer mit bedeutsamen neuen Berufen z. B. Pfannenflicker (die Bratpfannen reparierten aber auch Mädchen beglücken wollten) oder keusche Mönche mit Alkoholvorräten unter der weiten Kutte umherzogen, war in den Kriegszeiten nun neu. Aber die Frauen und Mädchen sollten die Neuheiten annehmen, was auch oft gelang.
Durch Alkohol konnte eine sorglose Stimmung erzielt werden, die sich im Saufgelage und erotischem Tanz äußerte. Ein Sprichwort war:„Geht ein Mann ins Wirtshaus und du bist allein einsam, geh ihm hinterher und sauf mit ihm gemeinsam“.
Die Besucher im Kaminzimmer hatten Freude an diesem Abend. Frau Karin Walter dankte Madame Louise (Bärbel Grögor) und ihren Töchtern aus Liebertwolkwitz, der Applaus wurde von ihnen freudig entgegen genommen.

Quelle: Lexika aneu