Ferientipp: Ein
Ausflug nach Merseburg als Reise ins Mittelalter
Seit
Sonntag, 15. Juli, ist die Sonderausstellung "Thietmars Welt. Ein
Merseburger Bischof schreibt Geschichte" im Merseburger Dom und in der
Curia Nova (gleich gegenüber dem Dom) zu sehen.
Thietmar von Merseburg lebte von 976 bis 1018 und hat eines der
wichtigsten Geschichtswerke des Mittelalters verfasst: eine Chronik, die
ausführlich vom Zeitalter der Ottonen berichtet. Thietmar entstammte der
Familie der Grafen von Walbeck, einem bedeutenden sächsischen
Adelsgeschlecht. Seine Ausbildung als Geistlicher erhielt er in
Quedlinburg und Magdeburg, also an den Grabstätten und Gedächtnisorten
König Heinrichs des I. und Kaiser Ottos des I. Als nachgeborener Sohn war
er für die geistliche Laufbahn bestimmt. Fast hätte die Geschichte hier
eine einschneidende Wendung genommen, denn als Jugendlicher wäre Thietmar
fast als Austauschgeisel an die Wikinger ausgeliefert worden. Durch eine
glückliche Fügung entging er diesem Schicksal und wurde Propst des
Walbecker Familienstifts und Magdeburger Domherr. Damit erhielt er
Anschluss an die Führungsschicht im Reich. 1009 empfahl ihn der
Magdeburger Erzbischof Tagino bei König Heinrich dem II. als Merseburger
Bischof. In dieser Zeit war Merseburg die am häufigsten besuchte Pfalz im
Reich. Hier fanden wichtige Hoftage statt und von hier brachen königliche
Heereszüge auf. Im Jahr 1012 begann Thietmar mit der Niederschrift seiner
Chronik, die er bis zu seinem Tod 1018 fortführte. Dabei verfolgte er das
Ziel, die Geschichte Merseburgs in Erinnerung zu rufen und die ottonischen
Herrscher mit ihrem Wirken vor Augen zu führen. Daneben sind aber auch
Alltagsbegebenheiten, Wetterbeobachtungen und Kuriositäten
aufgeführt. Durch die
Auswahl der dies illustrierenden Austellungstücke ist es gelungen, ein
vielschichtiges Bild der Zeit vor 1000 Jahren zu weben. Die Chronik ist in
der Reihenfolge der Herrscher gegliedert. Adäquat dazu sind auch die
Ausstellungs- räume unterteilt.
Im
Einführungsraum in der Willi-Sitte-Galerie (Curia Nova) findet der
Besucher das Herzstück der gesamten Ausstellung: das Original der Chronik.
Aufbewahrt wird diese in der Sächsischen Landesbibliothek in Dresden.
Thietmar selbst schreibt in seiner Chronik:
"Die
Chronik Thietmars, lieber Leser, verlangt nach etwas Geneigtheit. Nutze
sie täglich, so vertreibt Sie Kummer und Langweile. Ziehe sie vor dem
Spiel und anderen eitelen Dingen. … Doch da ich guten Willens bin und
"Christi Gnade mich anweht", um mit dem hl. Gregor zu sprechen, will ich
beginnen und empfehle in Demut seiner unerforschlichen Barmherzigkeit die
Vollendung dieser Schrift und die Geschicke dieser Stadt."
Einen
Einblick in die Tätigkeit des Schreibers und die hohe Bedeutung des
geschriebenen Wortes in der christlichen Religion vermittelt
das wertvolle
Elfenbeinrelief aus der Wiener
Kunstkammer, das unweit der Chronik ausgestellt ist.
Das
Relief zeigt Papst Gregor schreibend über ein Buch gebeugt. Eine weitere
wichtige Bedeutung kommt der Taube auf der Schulter des Papstes zu. Gregor
konnte sich beim Verfassen seiner Schriften auf die göttliche Eingebung,
den heiligen Geist, der durch die Taube symbolisiert wird, berufen.
Der
Rundgang endet dann im Dom am Grab für Thietmar von Merseburg in der
Bischofskapelle.
Die
Sonderausstellung ist bis zum 04.11. täglich von 9:00-18:00 Uhr geöffnet.
Ein Audioguide rundet den Besuch ab. Daneben bringen zahlreiche Angebote
wie Vorträge oder Sonderführungen die Inhalte auf vielfältige Weise näher.
Weitere Informationen sind unter:
www.thietmar-merseburg.de
zu finden.
Steffen Berlich