An dieser Stelle setzen wir die Abschrift der Chronik mit dem Eintrag für den Monat Juni und Juli 1843 - vor 175 Jahren – fort:

8. Juni.
Ein gefährliches Wetterjahr! Am heil’gen Pfingstabende (3. Juni) zogen unheilvolle Hagelschauer an unsern Grenzen vorüber, haben aber verschiedene andere Gemeinden (Groß-Kugel, Obertsau, Ermlitz, Zschortau, Landsberg, Rötha mit Böhlen, und die Mulden- und Elbegegende bei Eilenburg, Dahlen und bei Grimma) schwer betroffen. In Folge der anhaltenden Regengüsse des 1. und 2. Pfingstfeiertags sind auch unsere Flüsse wieder sehr angeschwollen, und bedrohen auf’s neue unsere Heuernte, nachdem derselbe schon durch die erste Ueberschwemmung eine Beträchtliches entzogen worden ist. Noch stehen unsere Getreidefelder herrlich: das sahe ich gestern auf dem angenehmen Gange zum Wittwenfiscus-Convente in Groß-Wiederitzsch.
den 15. Juni.
Leider ist, in Folge anhaltender Regengüsse, welche auch den Schkeuditzer Jahrmarkt vernichteten, das Wasser zum 3. Male und zwar mehr denn zuvor gewachsen, daß unsre schönen Wiesen blank stehen, und wir mit genauer Noth ein Paar Fuder Gras noch haben hereinbringen können, damit es auf dem Hofe und um die Kirche herum trockne!
den 17. Juni.
Nachdem unsere Flüsse seit vorgestern zusehens gestiegen waren, und zuletzt die ganze Aue überflutheten, so daß das Wasser bis in die Mittelgänge unsers Gartens herauftrat und den Grasegarten wie den Düngerhof ganz überschwemmte, fängt es allmählich seit gestern Mittag zu fallen an. Nur ein Paar Fuder Gras von der Wiese konnten wir noch schnell hereinfahren lassen und den Wellen entreissen, um es hier um die Kirche herum und auf dem Vorderhofe zu breiten und in Heu zu verwandeln, wozu Gott wieder einige günstige Tage gab. Auf meiner bevorstehenden Conventreise nach Merseburg werde ich wohl noch mehr Unheil sehen und hören!
21 Juni.
So war es auch: wir sahen auf dem, des langsam fallenden Wassers wegen über Ammendorf zu nehmenden Wege viel Verheerung durch Hagelschlag und Elster- und Saalewasser.
Unser Reisemorgen war sehr schön, desto trüber der Abend: kaum hatten wir Merseburg verlassen, als uns schwere Gewitter mit Platzregen entgegenzogen, und besonders die Feldwege so wieder durchwässerten, daß besonders an einer heftig durchströmten Kreuzwegstelle, wo der Kutscher das Gelenke versehen, in große Lebensgefahr geriethen, und nur durch des letzteren christliche Besonnenheit - mit Gottes Hülfe! -errettet wurden; auch andernwärts ausgetretenes Elsterwasser passieren mußte. Ich übernachtete vorgestern nochmals auf dem Seniorate in Schkeuditz, fuhr gestern früh auf der Eisenbahn von Schkeuditz nach Leipzig, daselbst mehrere Geschäfte zu besorgen; und kehrte erst gegen Abend sehr erschöpft nach Hause zurück.
In Merseburg wird nächsten Monat Juli initio [ = zu Beginn d.Ü.] das 300 jährige protestantische Jubelfest gefeiert werden.