An dieser Stelle setzen wir die Abschrift der Chronik mit dem Eintrag für den Monat August 1842 - vor 175 Jahren – fort:
13. August.
Die merkwürdige Jahreswitterung dauert beharrlich fort. Wind und Sonne trocknen
das Feld, die Wiesen und Gewässer immer mehr aus; dabei nehmen die Mäuse
überhand und greifen die Feldfrüchte in großen Schaaren raubgierig an. So
drohen bedenkliche Verluste, und obgleich, mit Gottes Hülfe das Korn sehr
gut gerathen und eingebracht worden ist, fehlt doch allenthalben dem Vieh
das Futter, und liefert die Wirthschaft demnach schon einen bedeutenden
Minderertrag an Milch und Butter!
Merkwürdig sind daneben häufige und große Feuersbrünste, neulich auch in
Camenz und Hartha!
Ich hatte am Montage, dem 8. huj. [hujus mensis = diesen Monats d.Ü.], eine
kleine Reise auf der Eisenbahn nach Dresden unternommen, meine Anverwandten
da-selbst zu besuchen, und zugleich etwas von dem großen Gesangsfeste zu
sehen und zu hören, welches mehrere Hunderte von Sängern besonders aus dem
Lehr-stand unseres Vaterlands daselbst, unter Begünstigung des Hohen Cultus-Ministeriums
feierten. Ich sahe sie von der schönen Elbbrücke aus nach Blasewitz abfahren
auf buntfarbig bewimpelten Fahrzeugen und tags darauf über die erhabe-nen
Berge des Plauenschen Grunds nach Burg (bei Pothchapel und Döhlen) anlangen,
wo sie von der Knappschaft festlich empfangen und erquickt wurden. Fast
wäre Abends ein Unglück eigener Art entstanden, indem ein Kanonenschlag
das dürre Gesträuch an den Bergen in Brand setzte, und es geraume Zeit währte,
ehe man dieses Feuers Meister werden konnte.
Unsere Residenz hat sich so vergrößert und erweitert, daß es nicht unbeschwerlich
ist, sie zu durchwandern, man auch sich leicht arg verlaufen kann. Wie viel
Vergnü-gen ich daher auch auf dieser Reise (auf welcher ich durch den berühmten
Tunnel bei Oberau mit in 1 guten Minuten fuhr) genoß, ist mir doch nun mehr
zu Hause und in meinem freundlichen Studierstübchen recht wohl.
Unsern lieben jungen Baron Herrmann von Sternburg habe ich in Dresden besucht,
wo sich derselbe einer magnetischen Cur, bisher mit Erfolg, unterworfen
hat.
Unser verehrter Herr Ephorus ist gestern mit seiner Familie abermals ins
Carlsbad gereist.
Für die am 14. August a.c. [a.c. = anni currentis, des laufenden Jahres
d.Ü.] durch eine Feuersbrunst größtentheils zerstörte Oberlausitzische Stadt
Camenz wurde auch bei uns eine Beisteuer in Folge der, von der Leipziger
Kreis-Direction an die Untergerichte ergangenen Aufforderung, eingesammelt.
Noch mehrere Feuersbrünsten bemerkte man in diesen Tagen.
In der Elbe oder Mulde soll der überaus niedrige Wasserstand einen Stein
entblößt haben, dessen Inschrift die Jahreszahl 1742 sei!
Uebermorgen, den 18. August, giebt Gott dem Pfarrhause einen ersehnten Tag:
den 1. Geburtstag unseres lieben Mägdleins! Unsere Therese gedieh bei allen
Anfech-tungen bisher, helfe nun Gott zum 2. und manchem folgenden Lebensjahre!
28. August Dom. XII post Trinitatem
Die anhaltend trockene Witterung (auch gestern zogen Donnerwetter ohne Regen
vorüber) machte es möglich, daß wir schon heute unser Erntedankfest feiern
konn-ten. Heiterer, warmer Himmel begünstigte es. Vor- und Nachmittagsgottesdienst
wa-ren sehr besucht; in letzteren, hier zu Lützschena gehaltenen, brachten
die Hofdre-scher den Erntekranz mit herein, worauf sie, vorangehend das
Schkeuditzer Musik-chor die Melodie: „Nun danket alle Gott“ blasend, auf
das Rittergut festlich zogen, woselbst sie Mittags gespeist worden waren.
Obgleich in Kurzem unsere Gemeinden mehrmals mit milden Beisteuern (für
Camenz kamen in Lützschena 12 Rt. ein. Zusammen in Hänichen und Quasnitz
wohl noch mehr) für Abgebrannte in Anspruch genommen waren und ein Ansehnliches
immer zusammengebracht hatten: so kam doch in den heutigen für die FestCollecte
die Summe von 5 Rt. 7 NGr. - ein, welche für Bedürftige der Parochie verwendet
werden soll.
Das Obst bekommt die Nothreife, schon sind Aepfel, Birnen, Pflaumen, Weintrauben
reif. Auch sonst siehet’s sehr herbstlich aus: und die Bäume lassen die
Blätter fallen und der Garten stirbt ab.
In Leipzig sind schon Tumulte um’s liebe Brod gewesen, und ebenso wegen
des Wasser hat ein Sparsystem in Mühlen und sonst eintreten müssen.
Kurz, die beispiellose Trockenheit hat schon bisher viel Noth und Sorge
gemacht, und wird uns noch mehr bringen; zumal wenn die Kartoffelernte gänzlich
mißrathen sollte. Gott helfe uns! „Danken u, vertrauen“ sei unsre Loosung
ferner, wie ich’s gestern früh in der Hauptpredigt gesagt.