An dieser Stelle setzen wir die Abschrift der Chronik mit der 2. Hälfte des Eintrags für den Monat April 1842 - vor 175 Jahren – fort:

† den 23. April.
Eine, für das Pfarrhaus sehr verhängnißvoll gewordene Woche geht zu Ende – es hat seine ehrwürdige Pfarrgroßmutter, die Pfarrwittwe Johanne Caroline Erdmutte Theile geb. Lessing [12.09.1780 in Braunsdorf – 19.04.1842 in Lützschena], meine gute Schwiegermutter, verloren.
Die Selige litt seit mehreren Jahren stets beim herannahenden Frühjahre an Brust-beschwerden (selbst Entzündungen); dießmal glaubten wir, bei vorgerückter Jahreszeit bereits alle Gefahr beseitigt, da stellten sich seit 14 Tagen catarrhalische Lungenleiden, begleitet in der Nacht zum 15. des Monats von einem steckflußähnlichem Zufalle [Steckfluss = Asthma d.Ü.] und von mächtig überhandnehmender Entkräftung, und schon am Dienstage früh halb 2 Uhr ging sie, 61 ½ Jahre alt, durch ein sanft-seliges Ende, wie sie’s von Gott oft heiß erfleht, zur ewigen Ruhe ein. Ja, ruhen wird sie von ihrer Arbeit, und reichen Lohn empfangen vom gerechten Vergelter droben für die gute irdische Aussaat. An ihrem Grab konnte gestern M. [Christian Friedrich] Kunad , nunmehriger Pastor in Eutritzsch, mit Recht begründen: »Sie hat viel geliebt, und ist darum viel geliebt worden, und darum widmet ihr die Liebe ein Andenken im Segen.« Pfarrhaus und Kirchfahrt haben viel an dieser frommen, bescheidenen, liebreichen Christin verloren; um sie her versammelten sich Groß und Klein, so gern ihre Kinder; bei ihr suchte und fand Jedermann stets Rath und That; unermüdlich war sie thätig, und liebte stets nützliche, erbauliche oder unterhaltende Lectüre – kurz, sie war ein Vorbild für alle Pfarrfrauen und Mütter überhaupt. Frieden ihrer Asche! Gestern übergaben wir dieselbe, mit zahlreichen Kränzen der Liebe, Verehrung und Freundschaft geschmückt, dem Schoße der mütterlichen Erde, begünstigt vom schönsten warmen Frühlingswetter; nach Kunads Grabrede sprach ich den Segen und hielt nach dem Wunsche der Verstorbenen ihr die Leichenpredigt, so wie unser Confessionar [= Beichtvater d.Ü.], P. Herrnsdorf in Wahren mit der Abdankung beschloß. Nun schlummert die Gute an der Seite ihres vor 11 1/2 Jahren verewigten Gatten. Im Tode gingen ihr merkwürdig genug aus der Kirchfahrt voran, in voriger Woche die 33jährige junge Frau Brückner (Wasser- und Schwindsucht), und heute folgte dieser ihre Schwiegermutter Wittwe Brückner in Quasnitz, eine gute alte Freundin unsrer Seligen, nach. So trennt und einet der Tod uns wieder – was aber auch der Herr thut, das ist wohlgethan! Ich und meine gute Lina sind nun Familien-häupter geworden und unsern Lieben soll ferner wohl im Pfarrhause zu Lützschena seyn, wie die Selig bei uns sich wohl befand, und gewiß bei der letzten Gutenacht! mir gewiß mit wahrer Liebe die dargebotene Hand mit ihren beiden mir wie zum Abschiede drückte. Der Herr bewahre nun auf lange Zeit unser Haus vor schmerzlichem Trauerfall!