Johannes Kirchberg in Hochform
Frau Johanna Baraniak hatte diesen Chansonnier und Schauspieler aus Hamburg
für den 25.11.2016 in die Auwaldstation Lützschena eingeladen. Sie hatte
richtig entschieden. Im Kaminzimmer um 19 Uhr saßen wieder viele Menschen,
die sich erfreuen lassen wollten, von ihm, den sie schon bestens kannten.
Und dann kam er: im leuchtend orange-farbigen Anzug, diese auffällige Farbe
der Bekleidung unterstrich seine schlanke männliche Figur.
Er sprach und sang und lies nacheinander viele Neuigkeiten verlauten, die
zwar die meisten schon als gewöhnliche Tatsachen kannten aber in der gesungenen
Form nun bestätigt fanden. Es ging um Frauen von damals und heute (früher
Putzfrau-heute Pilotin), es ging um Ehe von heute und damals (Paartherapie
gab es damals nicht!), es ging um alte Freunde, die heute aber auch alt
aussehen. Es ging um Alltäglichkeiten, die heute neu erfunden werden. Blinker
am Auto heißt jetzt Fahrtrichtungsvorausanzeiger, Liebeserklärung erklärt
vielen die Liebe, die meisten machen die eigene Erfahrung mit der Liebe.
Es geht um die Größe einer Verpackung, in der nicht viel drin ist. Es geht
um Männer, die heute kochen, aber es gab schon immer sehr gute Köche. Johannes
Kirchberg bestätigte durch Gesang, dass man Unschönes singend den Menschen
beibringen kann. Durch Singen wird alles leichter, auch Zungenbrecher. Die
lauschenden Gäste in der Auwaldstation übten Blaukraut bleibt Brautkleid
zu singen und umgekehrt, solange bis alle lachten. Johannes Kirchberg singt
alle Beiträge so klar verständlich, das ist kein Wunder, die meisten der
Texte sind seine eigenen. Redewendungen sind nicht wörtlich zu nehmen, denn
niemand erwartet, dass sich die Rede wendet. Wenn jemand den anderen auf
den Arm nimmt, nimmt er ihn nicht wirklich auf den Arm.
Zur Zweisamkeit in der Ehe gab Kirchberg seine Beobachtung zum Besten: die
Liebste wird in den Augen des Mannes im Laufe der Ehe größer, angefangen
von Mäuschen, Katze über Sau bis zur Elefantenkuh. Die Frau beobachtet den
Mann anfangs als Tiger, als Hengst, später als mieses Schwein, als dummen
Hund, dann als Zecke, Floh bis zum erbärmlichen Wurm. So ändern sich die
Zeiten. Die Gäste in der Auwaldstation beobachteten Johannes Kirchberg als
freundlichen Kritiker der Zeiten, akzeptierten sein unpolitisch korrektes
Kabarett, sie erfreuten sich an der von ihm angekündigten famosen Klaviersatire
und meinten schließlich, er sei wie früher, nur besser.
Den Dank aller sprach Frau Baraniak aus mit der Bitte, dass der Künstler
zu gegebener Zeit wiederkommen möge. Herr Schönzart überreichte dem Künstler
einen von ihm gestalteten Kupferstich mit der Darstellung des Ulmenzipfelfalters,
des Auwaldtieres 2016. aneu