An dieser Stelle setzen wir die Abschrift der Chronik mit dem Eintrag vom Februar 1842 - vor 175 Jahren - fort:

den 17. Februar
Wir haben seit nun fast 14 Tagen vortreffliche Witterung. Morgens geringe Grad Frost, dann milden, freundlichen, selten getrübten Himmel. Doch gab es auch in mei-ner Kirchfahrt viele Kranke besonders hitziger Art – eine Jungfrau von 18 Jahren starb in Hänichen gleich Anfangs an Nervenfieber [= Typhus d.Ü.]. Wohl mochten meine häufigen Krankenbesuche mitgewirkt haben zu dem außerordentlichen Ausschlage im Gesicht, an dem ich seit 8 Tagen litt, (ohne dabei mich an meinen Amtsgeschäften verhindern zu lassen), und welche mich fast verhindert hätten, morgen nach Delitzsch zur Investitur [= Einführung d.Ü.] meines Jugendfreundes Superintendent [Karl Friedrich] Förster, durch den Bischof [Johann Heinrich Bernhard] Dräseke, zu reisen.
Den 19. Februar Düster wie der gestrige, ist der heutige Tag, doch heiter der gestrige und festlich, der heutige selig noch in der Erinnerung. Glücklich, bei leidlichem Wege, gelangte ich mit meinen beiden Nichten, welche von ihrer Schwester Bertha sehnsüchtig erwartet wurden, nach Delitzsch, und wohnte daselbst, mit noch einigen Sächsischen und vielen anderen Amtsbrüdern der feierlichen Installation meines Förster bei. Der hochwürdige Bischof Dräseke sprach, über Joh. 14,27 ; mit gewohnter Herzlichkeit, redete am Altar den Calendertag: Concordia (con-cors, Herz an Herz) und Luthers, des Friedensvermittlers Todestag trefflich benutzend, davon, wie Luther den Frieden zwischen Glauben und Vernunft, zwischen Gesetz und Gewissen, Staat und Kirche, Leben und Sterben vermittelt habe. In der darauf folgenden Synode kamen manche wichtigen Zeitfragen zur Sprache (auch der gegenwärtige Baptistenunfug in Bitterfeld [Im März 1840 kam Friedrich Christoph Werner nach Bitterfeld und ließ sich als Sattlermeister und Bürger der Stadt nieder. Er hielt Vorträge, predigte und sprach dabei auch über die biblische Lehre der Taufe. Im Oktober 1840 kam auf Einladung Werners Johann Gerhard Oncken, der Gründer der ersten Baptistengemeinde in Deutschland (Hamburg 1837) nach Bitterfeld. Am 04. Oktober taufte Oncken fünf Männer und vier Frauen auf das Bekenntnis ihres Glaubens hin in der Mulde. In den ersten Jahren waren die Mitglieder der kleinen Gemeinde vielen Anfeindungen durch Staat und Kirchen ausgesetzt. Quelle: http://www.baptisten-bitterfeld.de] und das neue Evangelische Bisthum in Jerusalem, die Abschaffung der halben Feiertage in Preußen p.). Auch zum darauf folgenden festlichen Gastmahle wurde ich von Förster gezogen, welches nicht bloß viele liebliche, sondern noch weit köstlichere geistige Genüsse bot. Mit den Empfindungen der reinsten Verehrung schied ich auch diesmal von Dräseke, um ihn vielleicht hier nie wieder zu sehen, da seine Sonne sinken will. Gott gebe ihm noch einen langen, heiteren Lebensabend, ihm, dem seit Jahresfrist so hämisch Verleumdeten! [Dräseke, Joh. Heinrich Bernhard, geb. 1774 zu Braunschweig. 1814 Prediger in Bremen, 1832 erster Domprediger, Generalsuperintendent u. evangel. Bischof zu Magdeburg, gab 1843 seine Stelle durch eine anonyme Schrift gekränkt auf und starb 1849 zu Potsdam. d.Ü.] Eine reiche Saat hat er ausgestreut, und an seinen Strahlen haben auch wir Sachsen uns vielfältig gesonnt.

In Leipzig ward gestern wieder das Opfer eines Duells, ein adlicher Student, von Po-lenz, ein einziger Sohn, begraben! Ist das auch die gerühmte Aufklärung unserer Tage?
Der König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen hat bei seiner neulichen Anwesenheit in England zur Taufe des Prinzen von Wales, auch den Londoner Tunnel unter der Themse von einem Ende zum anderen durchwandert, siehe die Leipziger Zeitungen vom Monat Februar a.c. [anni currentis = lat. des laufenden Jahres d.Ü.]