Das Bürgerhaus Lützschena
Entlang der Straße B6 von Leipzig Richtung Schkeuditz sieht man das große
graue Gebäude mit der deutlich grünen Bezeichnung „Bürgerhaus Lützschena“.
Dieses Haus hat eine interessante Geschichte im Ortsteil Lützschena, jetzt
zugehörend zur Stadt Leipzig.
Im Jahr 1888 gründete der Gärtner und Gastwirt Eduard Schmeißer seinen Gasthof
in Lützschena Am Elsterberg 7-9, von der Amtshauptmannschaft Leipzig Landkreis
bestätigt. Wegen der schönen Lage an der Elster erhielt der Gasthof den Namen
„Zum heiteren Blick“. 1893 erfolgten ein Anbau mit Toilette und die Errichtung
einer Kegelbahn. Mit 71 Jahren starb Eduard Schmeißer 1907. Sein Sohn Eduard
Otto Schmeißer (er war Förster) und dessen Schwester Emma Wilhelmine übernahmen
den Gasthof. Dieser wurde gut besucht, der Umbau des großen Saales war am
19.11.1926 abgeschlossen. Nach dem Tod von Otto Schmeißer 1942 (mit 66 Jahren)
übernahmen sein Bruder Paul und dessen Sohn Helmut Schmeißer den Gasthof und
betrieben ihn bis 1948. Sie verkauften den Gasthof und das Haus am Elsterberg.
Beides wurde am 01.07. 1948 von der Gemeinde Lützschena erworben.
Die sozialen Verhältnisse nach dem 2. Weltkrieg veranlassten den Gemeinderat
Lützschena zu einer Umstrukturierung des Hauses. Die Lokalität erhielt nun
den Namen „Hilde-Coppi-Heim“. Der Umbau wurde durch die Gemeinde veranlasst.
Im Saal des Hauses wurden Wände eingezogen, um Schlaf-und Aufenthaltsräume
für die hier zu betreuenden Kinder von Kindergarten und Schulhort zu schaffen.
Fleißige Mitbewohner/innen der Gemeinde versorgten in der vorhandenen Küche,
die jetzt erweitert werden musste, die Kinder im Haus und auch die der örtlichen
Schule täglich mit Essen. Bis Juni 1991 bewirtschaftete der Konsum die frühere
Gaststätte und nutzte sie als Schulküche. Die Gemeinde sicherte noch für weitere
zwei Jahre mit ABM-Kräften die Schulspeisung.
Am 01.01 1994 schlossen sich die Gemeinden Lützschena und Stahmeln zu einer
gemeinsamen Verwaltungseinheit zusammen. Jetzt galt es auch, die Kinder in
Schule und Kindergarten in Stahmeln mit Essen zu versorgen. Bald konnte das
Küchenpersonal die Versorgung nicht mehr sichern. Der damalige Bürgermeister,
Herr Detlef Bäsler, sah sich nach einem Pächter um und fand Herrn Bernd Göhlitz
mit seinem Sohn Andreas als geeignet. Dann begann man mit der Rekonstruktion
des Hauses. Die ehemalige Schulküche wurde ausgebaut und nach dem neuesten
Stand eingerichtet.
Im Haus Elsterberg 7 wurde auch eine weitere öffentliche Gaststätte für Lützschena
gebraucht. So wurde am 01.04.1994 die Gaststätte „Bürgerhaus“ eröffnet. Die
Gaststätte hatte regen Zuspruch, auch im Biergarten mit Blick auf die Weiße
Elster fanden sich in den Sommermonaten viele Besucher ein. Die Familie Göhlitz
übernahm außer der Zubereitung der Speisen für die Gaststätte auch die Herstellung
von Speisen für Schulen und Kindergärten und zusätzlich auch für Altenheime.
Im Bürgerhaus waren außer der Gaststätte ein Jugendclub, ein Seniorenclub
und die Ortsbibliothek untergebracht. Die Gemeinde sah in dieser Vielfalt
die Örtlichkeit als Haus für alle Bürger an. Die Räumlichkeiten im Bürgerhaus
waren bald zu klein für die Anforderungen zur Essenzubereitung in großem Maße.
Ende Mai 1995 zählte der Ort Lützschena-Stahmeln etwa 3000 Einwohner, 700
davon lebten in Stahmeln. Der Ort konnte nicht eigenständig bleiben und ist
seit 01.01.1999 in die Stadt Leipzig eingemeindet. Mit der neuen Verwaltungsstruktur
konnte die Familie Göhlitz das Haus Am Elsterberg kaufen. An der Größe des
Hauses ließ sich nichts ändern. Da die Herstellung und Verteilung von Speisen
großen Anklang fand und dringend Veränderungen erforderte, entschloss sich
Familie Göhlitz zur Kapazitätsvergrößerung. Sie übernahm 2007 zunächst ein
leerstehendes Gebäude in der Halleschen Straße 232. Viele Schuleinrichtungen,
Kindertagesstätten, Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime, Firmen, aber auch
Senioren und Pflegedienste schätzten das gute Essen vom „Bürgerhaus“.
Für die weiterhin qualitätsgerechte Essenzubereitung benötigte die Firma erneut
größere Räumlichkeiten. Der Juniorchef Andreas Göhlitz hatte den Plan, ein
noch größeres und vor allem modernes Haus für die Essenproduktion entstehen
zu lassen. Der Geschäftsführer, Herr Petr Matatko, und er wollten ihren Wunsch,
Produzent für Gastronomie zu werden, verwirklichen. Seit 2013 werden ihre
Pläne Wirklichkeit. Das daneben liegende Grundstück Hallesche Straße 244 (ehemals
seit September 1992 Fa. Tatje KG, Großhandelskonzern Werkzeugmaschinenbau)
konnte erworben werden. Am 06.10.2014 erfolgte der erste Spatenstich für das
neue Gebäude zur Essenproduktion. Zur Errichtung des neuen Hauses gehörte
auch der Bau der zuführenden Straße. Gebaut wurde das neue Haus mit Hilfe
von Gewerken aus der Region. Das neue „Bürgerhaus Lützschena“ hat 3000 m2
Nutzungsfläche. Der große Neubau ist voll auf eigene Energiegewinnung eingestellt,
produziert eigenen Strom, eigene Wärme, hat überall Fußbodenheizung, hat eine
eigene Trafostation und eine eigene Werkstatt, besonders für die Elektrik.
Eingebaut ist auch eine Biogasanlage, so kann Restessen verwertet werden.
Die Luft in der Essenproduktionsstätte ist angenehm, es gibt keine Gerüche,
wie sie sonst in der Gastronomie üblich sind, da eine kostspielige Filteranlage
eingebaut wurde. Für alles wurden 6 Millionen Euro investiert. Trotzdem ist
das Haus kein Kombinat, welches vom Staat Fördermittel bekommen hätte. Angefangen
hatte der Bau mit Eigenkapital der Firma; Familie Göhlitz erhielt dann aber
einen Kredit von der Sparkasse Leipzig. Obwohl keine Zuwendungen von der Stadt
kamen, zahlt die Firma jetzt Steuergelder an die Stadt Leipzig.
Das Klima im Betrieb ist harmonisch. Alle kennen sich und arbeiten gern für
die Essenproduktion, jeder weiß seine Mitarbeit einzuschätzen. Alle fühlen
sich wohl. Die sanitären Anlagen (Duschen) sind modern. Außer Toiletten für
Personal und Besucher gibt es auch eine Behindertentoilette. Der Betrieb hat
240 Mitarbeiter, alle sind in Vollbeschäftigung und erhalten den Mindestlohn
von 8,50 Euro. Eingestellt sind Mitarbeiter aus der Region, vorwiegend aus
Halle, Breitenfeld und Schkeuditz, 10 sind aus Lützschena. Mit allen Mitarbeitern
und Handwerkern auch außerhalb des Hauses hat der Firmenchef guten Kontakt,
er ist stets direkt erreichbar, alles wird kollegial besprochen.
Das „Bürgerhaus Lützschena“ bereitet Essen für Kindertagesstätten, Schulen,
Altersheime, Krankenhäuser, Pflegedienste; direkt beliefert werden auch Betriebe
der Gastronomie und verschiedene andere Betriebe. Täglich verlassen mehr als
11.000 Essen das Werk. Die Essen sind schmackhaft. Auch auf Allergene wird
geachtet. Für die Zubereitung sind 21 Kessel mit je 400 l Fassungsvermögen
erforderlich. Zur Auslieferung benötigt der Betrieb 40 Autos mit Fahrern.
Geliefert wird das Essen an alle Kunden zuverlässig und in guter Qualität.
Die Essenzubereitung erfolgt in gewünschter Vielfalt und Flexibilität.
Der Firmenchef hatte den Wunsch, die Produktion seiner Essen für alle sichtbar
zu machen. Jeder Besucher und Käufer sollte Einblick in die laufende Essenproduktion
haben. Ab Anfang 2016 war es soweit. Die „gläserne Produktion“ konnte starten.
Dabei wird ein Werkverkauf eingerichtet. Jeder kann sein Essen individuell
bestellen und zusehen wie es bereitet wird und vom Werk direkt abholen. Viele
Bürger werden Interesse finden, so auch private Haushalte. Gesundes Essen
ist für alle von Vorteil. Das Bürgerhaus liefert schon seit Jahren Essen für
Kinder und Kranke. Nun sollen auch gesunde ältere Bürger versorgt werden.
Mit zunehmendem Alter, wenn Bewegung mangelt, muss für die körperliche und
geistige Vitalität Sorge getragen werden. Der Energiebedarf sinkt zwar im
Alter, aber die Zufuhr von wichtigen Nährstoffen ist notwendig. Das hat sich
die Firma zum Ziel gesetzt. Deshalb legt das Bürgerhaus Lützschena großen
Wert auf die Frische, die Qualität und die Herkunft der Zutaten. Lange Wege
für die Zutaten müssen vermieden werden. So kommen die Zutaten für das Bürgerhaus
aus der Region (Nudeln aus Riesa, Salate aus Köhren bei Wurzen und der Umgebung
von Radefeld). Im Plan des Bürgerhauses sind mehr als 15.000 Essen täglich.
Das wird klappen. Eine von drei der in Deutschland modernsten Nudelmaschinen
ist im Bürgerhaus. Das Bürgerhaus in Lützschena ist der größte Essenproduzent
Deutschlands.
In Lützschena wurde die Veränderung des ehemaligen „Bürgerhauses“ von den
Bewohnern in Lützschena-Stahmeln aufmerksam beobachtet. Ein großer Betrieb
ist im Ortsteil Lützschena entstanden. Der Auen-Kurier gratuliert dem „Bürgerhaus
Lützschena“ und wünscht weiterhin viel Erfolg.
Mit dem Inhaber des Bürgerhauses, Herrn Andreas Göhlitz, und dem Geschäftsführer,
Herrn Petr Matatko, sprach Frau Dr. A. Neumann vom Auen-Kurier.