An der Jungfernstiege plätschert wieder der Brunnen

Nun war es endlich so weit: der Brunnen an der Jungfernstiege in Lützschena darf seine Bürger wieder beglücken. Er existiert seit mehr als 100 Jahren, hatte aber in den letzten 20 Jahren seine Funktion eingestellt. Am 30.04. 2016 wurde die Wiederinbetriebnahme des Brunnens nach aufwendiger Rekonstruktion feierlich begangen.
Wie kam es zum Bau dieses seltenen Brunnens? Um die Jahrhundertwende 1900 gab es eine rasante Veränderung in der Lebensart der Bevölkerung. Die industrielle Entwicklung, die in die Städte einzog, dort wo Handel und Weltwirtschaft betrieben wurden, dort wurden die Menschen allmählich aus der Natur gedrängt. Sie wohnten nun in großen Häusern und mussten mit Lärm und neuer Technik leben. Das Leben auf engstem Raum gefiel nicht allen. So entstanden am Rand der großen Städte Wohnsiedlungen, die gleichzeitig Wohnqualität und Natur bieten sollten. So auch in Leipzig.
Durch Initiative des Rechtsanwaltes Bruno Peglau entstand in Lützschena die Wohnsiedlung Dorettenring und ab 1910 die Gartenstadt Quasnitz. Auf einer Fläche von anfangs 250.000 m2 bis später 550.000 m2 entstand zwischen Freirodaer Weg und Radefelder Weg neben der Ortschaft Quasnitz die Gartenstadt Quasnitz. Quasnitz war 10 km vom Zentrum Leipzigs entfernt, schon seit 1905 fuhr die Straßenbahn. So konnte man sich hier eine Wohnung in Natur gut vorstellen.
Es entstanden 135 unterkellerte Einfamilienhäuser, sie hatten für die damalige Zeit moderne hygienische Bedingungen. Die Fläche für die Bebauung war trotzdem begrenzt. Die Architekten mussten den Bau der Häuser und der Straßen an die zum Teil hügelige Landschaft anpassen. So wurde eine Wohnstiege, die Jungfernstiege, errichtet. Als Stiege bezeichnet man eine Treppe mit großem Steigungsverhältnis, also eine steile Treppe. Hier in der Gartenstadt Quasnitz mussten deshalb 17 Stufen errichtet werden um den Höhenunterschied von 3 m zwischen Paulinengrund und Zum kalten Born auszugleichen. Zwischen den beidseitig geführten 17 Stufen wurde ein Brunnen angelegt. Aber das besondere daran ist, es ist ein Wandbrunnen, also das Brunnenwasser sprudelt aus der Wand.

Nur seit vielen Jahren sprudelte der Brunnen nicht mehr. Im Jahr 2011 war er 100 Jahre alt. Auf Initiative des Heimatvereins Lützschena (maßgebend Frau Angelika Wächtler und Herr Gerd Schreinert) ging man daran, das Kleinod Wandbrunnen Jungfernstiege wieder zu beleben.

1921/22 hatten sich die Ortschaften Hänichen und Quasnitz zusammengeschlossen, seit 1929 gehören sie zu Lützschena und seit 1999 durch die Eingemeindung zu Leipzig. Nun war eigentlich Leipzig für die Wiederbelebung der Brunnenanlage verantwortlich. Leipzig hat 38 größere und kleinere Springbrunnenanlagen und eine davon ist der Wandbrunnen in Lützschena (Gartenstadt Quasnitz). Für die Treppe um den Wandbrunnen ist das Verkehrs- und Tiefbauamt zuständig, für den Brunnen selbst das Amt für Stadtgrün und Gewässer. Seit August 2013 liefen zwar die Planungen durch die genannten Ämter, jedoch ohne Aussicht auf eine baldige Realisierung. Der Stadt Leipzig fehlte wegen der vielen Brunnenanlagen das Geld für die Sanierung unseres Brunnens. Allein durch den Ortschaftsrat Lützschena-Stahmeln wurde im Dezember 2014 die Finanzierung (140.000 €) zugesichert. Auch Spenden der Bürger und die Mittel der Denkmalpflege ermöglichten das Vorgehen für die anstehende Rekonstruktion der Brunnenanlage. Im Mai 2015 begann die Sanierung, sie war im Januar 2016 weitgehend abgeschlossen.
Am 30.04.2016 erfolgte die feierliche Inbetriebnahme des rekonstruierten Brunnenkleinods in Leipzig-Lützschena. Viele Bürger von Lützschena, insbesondere Quasnitzer, hatten sich zur Feierstunde eingefunden. Für kulinarische Leckereien war gesorgt worden, auch für die musikalische Umrahmung. Der Vorsitzende des Heimatvereins Herr Detlef Bäsler und die Ortsvorsteherin Frau Ziegler eröffneten um 14:30 Uhr die Feierlichkeit. Beide beschrieben die finanzielle und auch die bautechnische Schwierigkeit der Neubelebung der historischen Brunnenanlage. Frau Seidel eine Vertreterin des Amtes für Stadtgrün und Gewässer (Amtsleiter Rüdiger Dittmar war verhindert) sprach anerkennende Worte, die das Wertvolle der besonderen Brunnenanlage aus der Jugendstilzeit in Quasnitz für die Stadt Leipzig herausstellte. Sie erinnerte daran, dass die Mitbürgerin Frau Edith Rühs, die leider 2013 verstorben ist, oft erklärt hatte, dass sie und ihre Vorfahren in der Familie immer ein wachsames Auge auf die Brunnenanlage hatten. So sei es auch in der jetzigen Zeit wünschenswert, Mitbürger aus der unmittelbaren Umgebung des Brunnens zu gewinnen, welche die Brunnenanlage in Obhut nehmen. Die technische Pflege erbringen selbstverständlich die zuständigen Ämter.
Der Brunnen sprudelte seit 15 Uhr. Sekt in Gläsern der anwesenden Amtsleiter hatte das Wasser aus der Wand gelockt. Ein geselliges Beisammensein mit Anwohnern der Gartenstadt und der Gäste schloss sich an. Für fröhliche Stimmung sorgte auch der Männerchor Leipzig Nord, er erfreute mit Frühlingsliedern und mit dem Lied „Am Brunnen vor dem Tore“ die anwesenden Bürger.
Die beidseitigen Treppen umrahmen den Wandbrunnen und waren der Grund für die Namensgebung Jungfernstiege. Der Legende nach sei Glockengeläut zu hören gewesen, immer wenn eine Jungfrau die Stufen erklomm. Vielleicht hört man in Zukunft wieder leises Glockengeläut in der Umgebung des schönen Brunnens. Schmuckelemente (Flöte spielender Hirtengott Pan) zieren den Brunnen. Die ehemals angepflanzten Ahornbäume zerstörten mit ihren Wurzeln die Brunnenanlage, sie wurden deshalb entfernt und durch Amur Kirschbäume ersetzt. Möge die Brunnenanlage zur Freude der Bürger lange bestehen.
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Brunnenfest - Der Heimatverein bedankt sich bei den Helfern

Das Engagement für die Brunnen-Restaurierung setzte sich bei der Vorbereitung und Durchführung der feierlichen Wiederinbetriebnahme des Brunnens an der Jungfernstiege in Lützschena fort.
Mitglieder des Heimatvereines und Bürgerinnen und Bürger aus Lützschena bereiteten gemeinsam dieses Ereignis vor. Eine kleine Broschüre über den Werdegang des Brunnens sollte später an diesen Tag erinnern, es wurde Unterstützung bei anderen Lützschenaer Vereinen gesucht und gefunden und es wurden alle organisatorischen und genehmigungsrechtlichen Schritte unternommen, um der feierlichen Inbetriebnahme einen würdigen Rahmen zu geben. Wir bedanken uns bei den Initiatoren und Organisatoren, insbesondere bei Herrn Pawlitzky für die Dokumentation der Restaurierungsarbeiten.
An dieser Stelle sei aber auch ganz besonderer Dank gesagt an alle diejenigen Anwohner, die fleißig beim Auf- und Abbau der Partyzelte geholfen und Strom und Wasser zur Verfügung gestellt haben, an unsere Mitbürgerinnen für die zahlreichen leckeren Kuchen- und Kaffeespenden und an die Mitwirkenden am Grill und an den Kuchen-, Getränke- und Bücherständen. Bedanken möchten wir uns auch bei der Gärtnerei Gordelt für die kostenfreie Ausschmückung mit Grünpflanzen.
Für die Zukunft wünschen wir uns allen, dass es noch viele dieser besonderen Gelegenheiten und Momente geben möge, an denen die Vereine und Bewohner unserer Ortschaften Lützschena und Stahmeln zusammenstehen, um das Leben in unserer Gemeinde zu bereichern.
Gern leisten wir dazu unseren Beitrag. Wenn sie wollen, können auch sie uns gern bei unserer Vereinsarbeit unterstützen. Wir würden uns freuen und erwarten ihren Anruf in unserem Büro, ihre E-Mail oder ihr persönliches Gespräch mit einem unserer Vereinsmitglieder.
Ihr Heimatverein Lützschena-Stahmeln e.V.