Lützschena und Villa Sternburg (Teil1)

Beitragsfolge, die sich mit dem Gut Lützschena, der Geschichte der Familie ternburg und der Sternburg Brauerei beschäftigt.


Die Bezeichnung Lützschena kommt aus dem slawischen Wort “lucina“, das bedeutet: Sumpf oder sumpfig. Eine andere Version geht auf den slawischen Begriff “Luzsene“ zurück. Der Begriff “lute“ bedeutet im Wendischen (Wenden sind Elbslawen) soviel wie Lage und “schene“ bedeutet soviel wie schön, das lässt sich übertragen mit “schöne Lage“. Eine schöne Lage war es sicher. Denn das wasserreiche Land war die Elster-Pleiße-Aue. Die Weiße Elster nimmt Pleiße und Parthe auf, dann auch die Luppe, später mündet die Elster in die Saale. Überall an den Flüssen liegen schöne Dörfer, also eine schöne Aue. Außer den genannten vier Flüssen gibt es noch viele kleinere Fließgewässer. Diese sind die Mühlpleiße und die Alte Elster, welche allerdings verschüttet wurde. Dann kennt man noch die Rödel, die Batschke, die Paußnitz, die Nahle, die Rietzschke, die Zschampert und das Hundewasser.

Elster-Pleiße-Aue

Die Elster-Pleiße-Aue fällt bei Leipzig nur ganz sacht nach Norden ab und ist fast eben. Deshalb haben die Flüsse ein geringes Gefälle und konnten in der sehr breiten Talaue in den Hochwasserzeiten die ganze Aue überschwemmen. Die Talaue ist der Teil des Talbodens, der bei Hochwasser überflutet und von Lehm oder groben Materials des ausufernden Flusses bedeckt wird. Daher ist der Grundwasserstand hoch. Die Flüsse hatten Bedeutung für die Siedlungsentwicklung. Leipzig liegt nicht an einem großen Fluss, aber die Menge des dargebotenen Wassers durch die vielen Flüsse war ausreichend für die Entwicklung einer späteren Großstadt. Zudem schützt die Aue die Umgebung von Leipzig. So hat sich der Begriff Burgaue herausgebildet. Der Name Burg ist germanischen Ursprungs. Burg kommt von “bergen, bewahren“. Im Mittelalter waren die Burgen eine Verteidigungsanlage. Während des Landesausbaues in Deutschland im 11. bis 13. Jahrhundert erhielt Lützschena eine Wasserburg auf dem heutigen Schlossgelände. Um Leipzig kannte man bald die moosumgrünte “Wasserburg Lützschena“

Der Auewald

Der Auewald setzt sich aus einer reichen Baum-, Strauch-, Kraut-und Pilzflora zusammen und war früher Standort einer reichhaltigen Tierwelt. Für die Gründung und die erste Entwicklung von Lützschena und der Stadt Leipzig hat er große Bedeutung, denn er lieferte der jungen Siedlung alle notwendigen Nahrungsmittel und Materialien. Der Wald wurde lange Zeit als Mittelwald gehalten. Dadurch hatte er im Oberholz starke große Bäume, die das wertvolle Bauholz lieferten. Im Unterholz, das etwa alle 15 Jahre geschlagen werden konnte, besaß er das lebensnotwendige Brennholz. Die früher sehr zahlreichen Haselsträucher lieferten Fett und Vitamine. Viele Kräuter und Früchte waren als Nahrungsmittel begehrt und als Arzneien geschätzt. Die Weiden gaben das Material zum Flechten der Körbe. Der Ernährung dienten Wild und Federvieh, die Bienen erzeugten den Honig. Die Flüsse führten zahlreiche Fische. Das unerschöpfliche Reservoir der Aue gab nahezu alles, was zum Leben nötig war. Es entwickelten sich dann Aue-gebundene Berufe: Fischer, Gerber, Färber, Wäscher und nachfolgende Handwerkerberufe: Kürschner, Tischler, Pelzwarenzurichter, Händler für Pelzhandel. Im Jahr 1554 hatte Leipzig 58 Gerber und 37 Kürschner. Die Grenze einer Großstadt und somit auch Leipzig ist schwer fixierbar, da sie in ständiger Veränderung begriffen ist. Die geografische Abgrenzung einer Stadt stimmt nicht immer mit der verwaltungsmäßigen Abgrenzung überein. Jede Landschaft, Natur- wie Kulturlandschaft, wird von den Landschaftselementen gebildet. Die Entwicklung Lützschenas ist eng mit der Entwicklung von Leipzig verbunden.


Geschichte des Gutes Lützschena

Familie von Uechtritz

Das Stammhaus der Adelsfamilie von Uechtritz ist ein Edelhof in dem Kirchdorf Uichteritz aus dem 14.Jahrhundert in der Nähe des Burgschlosses Goseck bei Weißenfels an der Saale. Friedrich der Strenge, Oberstjägermeister des Heiligen Römischen Reiches, erteilte 1353 den Herren Conrad und Otto von Uechtritz stattliche Lehen. Die Uechtritzer hatten Güter in der Oberlausitz, in Schlesien, in Böhmen und seit dem 18.Jahrhundert auch in Brandenburg. In Schlesien, im Gebiet des Flusses Bober, lebte Heinrich von Uechtritz. Sein Sohn Bernhard, dessen Sohn Hieronymus, dessen Sohn Otto, dessen Sohn Wilhelm verloren durch einen Brand in Schwerdta (in Niederschlesien) ihr Rittergut. Wilhelm von Uechtritz war also der erste, der im Jahr 1404 das Rittergut Lützschena mit Genehmigung des Stiftregiments zu Merseburg aus Schidingschem Besitz erwarb. Gerhard von Uechtritz wird 1404 als Herr von Lützschena genannt.

Die Familie von Uechtritz hat eine hoch interessante Geschichte. Mehrere Angehörige der Familie waren zeitweise in politische Geschehnisse eingebunden. Zur Zeit des Schmalkaldischen Bündnisses war die Familie stark an der protestantischen Entwicklung des Landes interessiert. Der Schmalkaldische Bund, ein politisch-militärisches Bündnis der protestantischen Fürsten und der Reichsstädte, wurde 1531 gegründet gegen Kaiser Karl V. und die katholischen Stände. Der Schmalkaldische Krieg 1546/47 bei Mühlberg brachte die Niederlage des Bündnisses und führte damit zu seiner Auflösung. Götz Gottfried von Uechtritz, damals Herr vom Gut Lützschena, hatte 1539 die Reformation in Leipzig erlebt.

Auf seinem Gut war 1547 Karl V. (seit 1530 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation) zu Gast. Sie führten auf Gut Lützschena hochpolitische Gespräche. Das Dorf Lützschena hatte damals kriegsfreudige Soldaten durch die Hohle Gasse ziehen sehen. Götz von Uechtritz war 1552 Protestant, sein Sohn Andreas wurde als erstes männliches Kind in Leipzig evangelisch getauft.

Familie Uechtritz erlebte kriegerische Zeiten hautnah. In dieser Zeit gab es Streit zwischen den Konfessionen. Während des 30-jährigen Krieges (1618-1648) tobte in Breitenfeld, 6 km von Lützschena entfernt, die Schlacht. Gustav II. Adolf, der seit 1611 König von Schweden war, wurde in der ersten Schlacht bei Breitenfeld 1631 verwundet. Er und seine Mitstreiter wurden in Lützschena auf dem Gut der Familie Uechtritz gesund gepflegt. In der Schlacht bei Lützen ist der Schwedenkönig dann 1632 gefallen.

Der Gegner von Gustav Adolf II. war General von Wallenstein, eigentlich Albrecht Wenzel von Waldstein, Herzog von Friedland (1583-1634). Interessanterweise stammt die Großmutter von Waldstein aus der Familie Uechtritz. Erneut unruhig auf dem Gut in Lützschena waren die Jahre nach dem 30-jährigen Krieg unter Wolf Rudolf von Uechtritz, es fehlte Geld. Aus dieser Zeit stammt ein Gemälde auf Holz von 1704. Dargestellt ist Wolf Rudolf (Stifter des Gemäldes) mit vier Knaben und anderen Verwandten. Das Gemälde ist bis heute in der Schlosskirche Lützschena (erste Erwähnung der Kirche ab dem 13.Jahrhundert) zu sehen.

Aufgrund des Geldmangels in den folgenden Jahren wurde das Gut samt Brauhaus verpachtet. Wolf Rudolf starb 1728, danach war es wieder im Besitz von Leberecht von Uechtritz, der 1793 starb. Seine Witwe Wilhelmine Eleonora Uechtritz, geb. von Hendrich und die gemeinsame Tochter Maximiliane Ernestine Sophie waren laut Testament des Verstorbenen die gemeinsamen Erben. Die enttäuschten Verwandten wollten trotzdem Geld, da sie meinten, dass das Gut Lützschena ein “Mann-Lehn“ sei und keiner Frau zufallen dürfe. Die Tochter Maximiliane Ernestine Sophie von Uechtritz hatte inzwischen den Rittmeister Hans Moritz Alexander von Klengel geheiratet. Am 23.07.1804 ließ Frau von Klengel mit Genehmigung des Landesherrn, Kurfürst Friedrich August der Gerechte, das Gut auf ihren Ehemann, von Klengel, überschreiben. Der Rittmeister Hans Moritz Alexander von Klengel rühmte sich mit seinem bekannten Vorfahr Wolf Caspar von Klengel (1630-1691). Dieser hatte seine höchste Schaffensperiode in Dresden, und er gilt als der Begründer des Dresdner Barock.

Der nun neue Besitzer vom Gut Lützschena, Herr Rittmeister von Klengel, war ein Mann von Welt. Er lebte in Saus und Braus, nahm Darlehen auf, bei ihm war das Geld immer knapp. Trotz der fleißigen Ehefrau verfiel das Gut. Schwer war die Zeit ab 1806 für Lützschena und für alle sächsischen Dörfer. Der Einzug Napoleons und die Wirren des Krieges, der in der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 sein Ende fand, waren verheerend. Die Bauern mussten Vieh und Getreide hergeben. Nach der Völkerschlacht gab es eine große Hungersnot, Seuchen und Armut. Das Rittergut Lützschena erlitt großen wirtschaftlichen Schaden. Im Jahr 1816 verstarb der Gutsherr.
Nun konzentrierte sich die Arbeit der Witwe darauf, das Gut zu erhalten. Ernestine von Klengel, geborene von Uechtritz, überzeugte durch wirtschaftliche Tüchtigkeit den Leipziger Rat von der Güte der Lützschenaer Biere und ließ mittels Pferdewagen das Bier bis in den Burgkeller (seit 1459 bekannt) von Leipzig transportieren. Bis jetzt war das Rittergut Lützschena seit 400 Jahren im Besitz der Familie von Uechtritz. Aber am 22.01.1822 wurde auf gerichtlichen Beschluss das bierberühmte Lützschena mit Brauhaus versteigert. Der begüterte Leipziger Kaufmann Maximilian Speck hatte schon das Lützschenaer Brauhaus mit Hopfen beliefert und erwarb 1822 das Gut Lützschena samt Brauhaus.

Dr. med. Anni Neumann

Quellenangabe:
Daehne, Paul (1940). Lützschena im Wandel der Welt. Leipzig: Graphische Kunstanstalten J.J. Weber.
Universallexikon, Band 1-5 (1985). Leipzig: VEB Bibliographisches Institut.
Pro Leipzig e. V. (1999). Lützschena. Eine historische und städtebauliche Studie. Leipzig: Klingenberg Buchkunst Leipzig GmbH.
Förderverein Aktionsgemeinschaft „725 Jahre Lützschena“ e. V. (2003). Festschrift 725 Jahre Lützschena. Halle (S): IMPRESS Offsetdruckerei.
Das neue Universallexikon (2008). Gütersloh/München: Bertelsmann.
Graf, Gerhard (2012). „ … des Krieges Elend“. Leipzig: Werbeagentur Kolb.