An dieser Stelle setzen wir die Abschrift der Chronik mit dem Eintrag vom April 1841 - vor 175 Jahren - fort:

1. April.
Dieser Monat hat begonnen wie der vorige aufhörte mit günstiger Frühlingswitterung, welche überhaupt fast ununterbrochen anhielt, und den allmähligen Abgang des gebirgischen Schnees bewirkte, so daß die Flüsse endlich wieder in ihre Ufer sind, nachdem sie, besonders die Elbe unterhalb Riesa usw., wo starke Eisschütze sich gesetzt, viel Schaden angerichtet. Mitte Monats gab es einige Märznebel. Die Natur hat begonnen, sich in`s Grün zu kleiden, auch ins Pfarrhaus ist neue Hoffnung ein-gezogen – Gottes Gnade will uns vielleicht noch einmal Elternfreuden geben. Ges-tern versammelte ich meinen Schullehrer-Verein zum 1. Male im neuen Jahre, bei mir, und mit freudigem Eifer ward wieder Hand ans unterbrochene Werk gelegt. – Ein neuer, vorigen Winter vollendeter ansehnlicher bayerscher Bierkeller der Herrschaft, in welchem bereits für 30,000 Rt. Bier in Fässern liegen, ward jüngst auf einer Seite des Gewölbes von dessen Ueberbau bedeutend eingedrückt, und mußte zuförderst sehr gesteift werden. Heute hält der Magdeburg-Leipziger Eisenbahnzug zum 1. Mahle hier bei Lützschena an, um 2 und 6 Uhr; doch kann man nur in den Nachbarstädten Billets erhalten.
17. April.
Der Frühling macht sein Recht immer angenehmer geltend; die kalten Nächte und Nachtfröste, welche bisher noch nichts recht gedeihen ließen, weichen endlich, und die dauerhafte trockene Witterung legt die überschwemmt gewesenen Wiesen wie-der trocken allmählig.
Festliche, schöne, auch thränenreiche Tage sind vorübergegangen. Gestern vor 8 Tagen confirmierte ich auch meine 3 Schülerinnen: Johanna Weber aus Leipzig, An-tonie Neitzsch aus Quasnitz und Mathilde Geudtner aus Schkeuditz. Nach der, in hiesiger Kirche bei günstigem, obgleich kühlem Wetter, vollzogenen Confirmation trat Herr Baron von Speck, welcher derselben beigewohnt hatte, ein, und beschenkte jedes von den 15. Confirmanden mit einem passenden Andachtsbuche unter herzli-cher Ansprache. Am 2. Osterfeiertage, an welchem P. Wildenhayn von Schönefeld nach Bautzen abging, holten die Eltern und Pflegeeltern, welche uns ihre Töchter auf 3 und 1 Jahr anvertraut gehabt, dieselben wieder ab, wir schieden unter Thränen; es war am Tage, wo ich vor 10 Jahren ordiniert ward. – Bei dem Landpredigerverein des folgenden Tags vernahmen wir den Nekrolog [ = Biographische Rede oder Schrift auf eine verstorbene Person d.Ü.] unseres unvergeßlichen Oberpfarrers Adjunkt Ritters in Rötha, zu dessen Nachfolger im Amte Diaconus von Jagemann designiert ist, und in der Adjunctur M. Bernhardi von Cröbern bestimmt seyn soll. – Mittwoch darnach ward ich schon früh 5 Uhr zum Sterbelager einer jungen Wöchnerin gerufen, und war gegen Mittag Zeuge ihrer letzten Kämpfe. Das Kindbettfieber raffte sie hin wie P. Maschers in Rückmarsdorf älteste Tochter Emilie kürzlich in Naumburg. Morgen wird sie mit Leichenpredigt begraben, wie vor 2 ½ Jahren ihres Mannes erste Frau, die auch an den Folgen ihres 1. Wochenbettes starb. – In mein Haus trat gestern Rosalie Neitzsch, meine älteste Nichte, ein, um an Agnes Erdmanns Stelle künftig uns, die Gottes Gnade mit neuen Elternhoffnungen beglückt hat, beizustehen. – Heute habe ich, zur Weiterbeförderung an den Alterthümerverein in Dresden, an den Herrn Ephorus die, uns Landpredigern durch das Ministerium neu abgeforderte Beschreibung meiner Kirchen nebst den von Zimmermeister Schröder in Wahren gefertigten Zeichnungen abgesendet, auch Copien, davon zum Pfarr-Archive genommen.
30. April
Der Monat geht zu Ende. So schön war seit vielen Jahren kein April – wohl 14 Tage lang die schönste Witterung, bei einer bis in die 20gr aufsteigenden Wärme. Daher standen aber auch die Bäume bald im jungen Grün und voller Blüthe, und der Leipzi-ger Meßverkehr ward außerordentlich begünstiget (doch wird daselbst über das Au-ßenbleiben bedeutender Einkäufer geklagt).