Arbeit mit Ortskenntnis und Verantwortung für Lützschena-Stahmeln: Horst Pawlitzky


Alle in Lützschena-Stahmeln kennen ihn: Horst Pawlitzky. Aber auch darüber hinaus ist er bekannt. Sein Leben steht im Dienst der Gemeinschaft.
Geboren wurde Horst Pawlitzky in Schkeuditz. Nach dem Krieg war der Vater Lokführer, die Mutter Hausfrau. Schon in der Grundschule war er in der Arbeitsgemeinschaft Flugmodellbau und folgerichtig erlernte er in der GST (Gesellschaft für Sport und Technik) in der Grundorganisation des VEB MAB Schkeuditz das Segelfliegen. In dem Betrieb reparierte und wartete man damals Flugzeuge und stellte selbst Flugzeugteile her. Von 1957-1959 gab es für Horst Pawlitzky in der freien Zeit nichts Schöneres als am Flugplatz Mockau mit Motorflugzeugen zu starten. Nach dem Abitur 1959 wollte er nicht in der NVA die Laufbahn als Militärflieger antreten, sondern an der Technischen Hochschule in Dresden Luftfahrtwesen studieren. In der DDR gab es damals eine eigene Luftfahrtindustrie, weshalb es richtig war, hierfür den Ingenieurberuf zu ergreifen. Vor dem geplanten Studium musste er ein Jahr in der Produktion arbeiten, so war damals die Bedingung. Er wurde Maschinist auf einem Bagger in einem Braunkohlentagebau bei Hoyerswerda. Diese Zeit war sehr schwer und turbulent. Aufgrund des Absturzes des Prototyps des ersten in der DDR gebauten Passagierflugzeug mit Strahltriebwerken, aber auch der Möglichkeit, Verkehrsflugzeuge von der Sowjetunion zu kaufen, wurde die Luftfahrtindustrie der DDR im März 1961 eingestellt, ebenso die Studienrichtung Luftfahrtwesen. Horst Pawlitzky musste sich deshalb beruflich umorientieren. Hinzu kam, dass ihn die Liebe nach Lützschena zog, wo er 1960 heiratete, im gleichen Jahr der Sohn und 1962 die Tochter geboren wurden. Seit dieser Zeit fühlt sich Horst Pawlitzky als Lützschenaer.
Er begann im Drehmaschinenwerk Leipzig (DREMA) in der Pittlerstraße eine Tätigkeit als ungelernter Arbeiter. In Abendkursen qualifizierte er sich zum Werkzeugschleifer und erhielt 1962 das Facharbeiterzeugnis. Nun war der Weg frei für ein Abendstudium an der Ingenieurschule für Maschinenbau in Leipzig. Nach der Arbeit im Betrieb musste er die Lehrveranstaltungen besuchen und zudem zu Hause fleißig lernen. Er musste das Studium unterbrechen, als er 1964 für18 Monate zum Grundwehrdienst bei den Grenztruppen der NVA einberufen wurde. Nach der Entlassung aus der NVA setzte er das Studium fort, welches er als Betriebsingenieur im Maschinenbau 1969 abschloss. Danach arbeitete er bei DREMA zuerst als Konstrukteur für Vorrichtungen. Später beauftragte man ihn mit der Leitung der Hauptabteilung, in der ca. 80 Mitarbeiter für die Bereitstellung von Vorrichtungen, Werkzeugen und Prüfmitteln für die Durchführung der Produktion arbeiteten. Zu den Aufgaben der Abteilung gehörte auch der Bau von Sondermaschinen, die im Betrieb für spezielle Aufgaben in der Teilefertigung eingesetzt wurden. Als Mitglied der SED, der er seit 1962 angehörte, wurden seine fachliche Arbeit und politische Haltung im Betrieb sehr geschätzt. 1983 wählte man ihn zum hauptamtlichen Parteisekretär. Ihm oblag es, die Parteiarbeit zu organisieren, den Betriebsdirektor und die Gewerkschaft gemeinsam zu mobilisieren, dass alle Pläne erfüllt wurden. Von 1987 bis 1989 setzte ihn die Leitung des VEB Werkzeugmaschinenkombinat Berlin als stellvertretenden Betriebsdirektor im VEB Mikrosa Leipzig ein. Mit der Abwicklung der Industrie der DDR nach 1989 kam Horst Pawlitzky zum Drehmaschinenwerk zurück und arbeitete bis 1991 als Verkaufsingenieur.
DREMA wurde 1991 privatisiert als eigenständige GmbH, hatte aber später mehrere Besitzer. Von vorher 1600 Mitarbeitern verblieben 500 im Werk, das weiter produzierte. Horst Pawlitzky wurde 1991 entlassen und in Kurzarbeit geschickt. Er nahm an einem Lehrgang für Verkaufstechnik teil, wurde dann Vertreter im Außendienst und verkaufte Werkzeuge, Werkzeugmaschinen und Betriebsstoffe. Diese Tätigkeit ging bis Januar 1999, da erhielt er die Kündigung von der letzten Firma und wurde 2000 vorzeitig Rentner.
Eine Zeit ohne Arbeit war für Horst Pawlitzky eine Zeit mit viel Arbeit. Das von seiner Schwiegermutter seit Jahren bewohnte Haus in der Gartenstadt Lützschena wurde von der Gemeinde 1994 an sie verkauft und von ihr an seine Frau vererbt. Er sanierte mit seinen handwerklichen Fähigkeiten das Haus vollständig. In der Zeit von 1992-2000 fuhr er zusätzlich Taxi in der Stadt Leipzig, vorwiegend nachts.
In der Gemeinde Lützschena hatte man die rege und aufgeschlossene Art des jungen Bürgers beobachtet. Deshalb schlugen Mitte der 70-er Jahre seine Genossen vor, diesen Mann als Kandidaten der SED für die Wahl zum Gemeinderat aufzustellen. Fortan setzte er sich als Gemeinderat für das Wohl der Einwohner von Lützschena ein. Seine Tätigkeitsfelder waren u.a. Schulen und Jugendhilfe. Zur 700-Jahrfeier der Gemeinde Lützschena 1978 organisierte er eine beachtenswerte Ausstellung, in der er die gemeinsame Geschichte von Leipzig und Lützschena dokumentierte. Schon damals nahm er engen Bezug auf die Sammlung Speck von Sternburg, bemühte sich um die Restaurierung des Marienaltars und seine Rückführung in die Schlosskirche Lützschena. Gelungen ist das, wie wir wissen, erst 2015.
Bei der ersten freien Kommunalwahl 1991 wurde Horst Pawlitzky als einziger Vertreter der SED/PDS in den Gemeinderat Lützschena gewählt. Seine Wähler wollten auf ihn nicht verzichten, denn er war stets sehr interessiert an den Geschehnissen in seinem Heimatort, hatte beste Ortskenntnisse, kannte alle Schwachstellen und besaß organisatorisches Geschick. Er wurde aber von vielen Mitbürgern ob seiner politischen Vergangenheit auch an den Rand gestellt und musste sich behaupten. Deshalb kam er zu allen anberaumten Beratungen des Gemeinderates stets gut vorbereitet. Nie hatte er hier versucht Parteipolitik zu machen, sondern ausgehend von seinen Überzeugungen, im Zusammenwirken mit anderen, vernünftige Lösungen zu finden. Deshalb nimmt er für sich nicht in Anspruch, allein irgendwelche Dinge bewegt zu haben, sondern er betrachtet die Ergebnisse immer als ein Gemeinschaftswerk. Das war z.B. 1994 die Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft mit Stahmeln, um die politische Selbstständigkeit zu bewahren. Kritisch begleitete er die Entwicklung im Norden unserer Ortschaft, wo sich neben Porsche auch eine Reihe weiterer Unternehmen ansiedelte. Besonders der Ausgleich von Eingriffen in die Natur lagen ihm am Herzen, er setzte sich dafür ein, Schäden für die Einwohner der Ortschaft abzuwenden. Mit einem 1996 geschlossenen Vertrag zwischen der Gemeinde und der Güterverkehrszentrum-Entwicklungsgesellschaft wurden der Gemeinde Mittel für landschaftspflegerische Maßnahmen zur Verfügung gestellt, von denen gegenwärtig. ein Teil für die Restaurierung des Wandbrunnens an der Jungfernstiege eingesetzt wird. Als aber die Eingemeindung nach Leipzig zum 1.Januar 1999 unausweichlich war, wirkte er mit am Zustandekommen des 1998 geschlossenen Eingemeindungsvertrages, der unserem Ort doch einige Vorteile gegenüber einer Zwangseingemeindung brachte.
Die Wahl in den Stadtrat zu Leipzig, wo er von 2000-2009 der Fraktion der Linkspartei angehörte, gab ihm Gelegenheit, dort die Interessen der Ortschaft zu vertreten. Neben seiner Arbeit in verschiedenen Ausschüssen und Aufsichtsräten war er nach wie vor im Ortschaftsrat aktiv. 2001 begann er erneut mit dem Segelfliegen, erhielt 2003 die Pilotenlizenz und übte diesen schönen Sport bis 2014 aus. Im Jahr 2014 erlitt er einen Herzinfarkt, hatte mehrere Operationen zu erdulden. Nun durfte er nicht mehr fliegen. Gesundheitlichen Probleme, dazu eine Krebserkrankung im Jahre 2006, waren Gründe, dass er im September 2015 nach reiflicher Überlegung sein Mandat als Ortschaftsrat niederlegte. In der Sitzung des Ortschaftsrates am 07.09.2015 wurde er verabschiedet und seine 40-jährige Arbeit für das Gemeinwohl der Ortschaft gewürdigt. Jetzt ist er zwar offiziell aus dem Ortschaftsrat ausgeschieden, aber das Leben in Lützschena-Stahmeln wird von ihm weiterhin mit wachem Verstand begleitet. So beobachtet er als Mitglied des Heimatvereins die Restaurierung des Brunnens an der Jungfernstiege, meldet sich im Auen-Kurier zu Wort, liefert Beiträge für die Internetseite der Ortschaft und hält Vorträge zu Themen der Ortsgeschichte. Er unternimmt weiterhin Reisen, war in mehr als 30 Ländern der Erde und schuf sich so sein eigenes Weltbild.
Horst Pawlitzky wuchs zwar in Schkeuditz auf, wohnt aber seit 1960 in Lützschena, wurde in den vielen Jahren ein echter Lützschenaer, der hier nicht nur wohnt, sondern auch lebt, aufs engste mit seinem Heimatort verbunden ist.
Danke dafür. Es möge ihm weiterhin gut gehen und er die Kraft besitzen, auch künftig für die Ortschaft erfolgreich zu wirken.
Mit Herrn Horst Pawlitzky unterhielt sich Frau Dr. A. Neumann vom Auen-Kurier.