An dieser Stelle setzen wir die Abschrift der Chronik mit dem Eintrag vom August 1840 - vor 175 Jahren - fort:

8. August
Die 2. schöne, günstige Erntewoche geht zu Ende; schon ist viel Korn, fast das meiste, glücklich eingebracht worden, und sein Werth wird hochgepriesen. Nur vorigen Dienstag früh 5 Uhr unterbrach ein, mit sehr starken Schlägen vorüberziehendes Gewitter (bei Lindenthal und über der Aue zündete es Garben an), die Arbeit auf wenige Stunden und auch heute früh erquickte ein sanfter warmer Regen die übrigen Früchte. Am gedachten Tage hatte ich vor dem Stadtgerichte zu Leipzig eidlich zu versichern, daß unser Bruder Herrmann kurz vor seinem Tode nicht aufgetragen habe, seinem Bedienten ein Legat von 1000 Thalern auszuzahlen, was wir Geschwister mit gutem Gewißen versichern konnten.
Von den nahen Kirschplantagen des Herrn Baron und einzelner Gutsbesitzer ist in diesem Jahr ein reicher Ertrag geerntet worden. Auch etwas Pflaumen, Aepfel und Birnen haben wir selbst in unsren Gärten.
Am 10. August wohnte ich Nachmittags 3 Uhr (bis 5 ½) in der Thomaskirche zu Leipzig der ersten öffentlichen gottesdienstlichen Feier der Bibelgesellschaft bei; Dr. Großmann, Ephorus noster senior , hielt die Predigt, Dr .Prof. [Friedrich Wilhelm] Lindner las den (4.) Bericht, in welcher die geringe Summe der jährlichen Bibelcollecte in unserer Ephorie nicht wohl lautete. – Dann hörte ich noch ein großes Conzert der vereinigten Musikchöre (120 Mann) im Schützenhausgarten von 6 – 10 Uhr mit an und fuhr in Begleitung der Eltern meiner Pensonärin, Mathilde, deren Vater, Schkeuditzer Postmeister, mit dem 1. September der Eisenbahn wegen zu postmeistern aufhört, nach Hause.
15. August
Die Erntewitterung erhält sich meist kühl und wird nur durch einzelne, den übrigen Feldfrüchten nöthige, Regenschauer unterbrochen. Mein Decem -Getreide kam glücklich herein, doch hatte ein wohlhabender Hänicher Nachbar, noch überdies Gemeinde- rathsmitglied, mir seine Garben von einem dürren Horst weg gegeben! Auch sind mir im Hänicher Pfarrgarten bereits Aepfel gestohlen worden, wie andernwärts Krautfrüchte!
Am heutigen Tage reisten Baron von Hormayers, welche seit Himmelfahrt (von Ihrer Seite ununterbrochen) das väterliche Haus besucht hatten, nach Bremen, ihrem gegenwärtigen Aufenthaltsorte (Bayerscher Gesandtschaftsposten bei den freien Städten) zurück.
18. August
Heute ward die Magdeburg-, Halle-, Leipziger Eisenbahn in 3 feierlichen Zügen, von Kanonendonner begrüßt und von Flaggen beweht usw. eröffnet; auch ich sah die Rückfahrenden bei Leipzig, wo wir Landprediger unseren 1. Convent im Hôtel de Prusse gehabt hatten.