Offener Brief
Stadt Leipzig
Oberbürgermeister
Herr Burkhard Jung
Martin-Luther-Ring 4 – 6
04109 Leipzig
Bürgersprechstunde in Lützschena-Stahmeln vom 19.02.2015
Aktuelle Probleme aus Sicht der Siedlervereine
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
wir begrüßen es, dass Sie sich persönlich vor Ort ein Bild über die derzeitig
aktuellen und planmäßig künftigen Probleme im Wohnumfeld unseres Stadtteils
verschaffen möchten. Die Hoffnungen der Bürgerinnen und Bürger von Lützschena-Stahmeln,
auf eine Verbesserung der Wohn- und Lebensbedingungen im Zusammenhang mit
der Eingemeindung im Jahr 1999, haben sich nicht erfüllt.
Heute kämpfen wir bereits unter dem Druck zunehmender Verschlechterungen
der Wohn- und Lebensbedingungen, besonders durch Immissionseinflüsse und
einer maßlosen Grundsteuer, um die Wiederherstellung der Wohn- und Lebensbedingungen,
in Anlehnung an den Eingemeindungszeitpunkt.
Aus vorgenannten Gründen, der Durchsetzung der Grundsätze des Gemeinwohls
und im Interesse unserer Mitglieder, sehen wir uns angesichts der geschaffenen
Problem- und Konfliktsituationen veranlasst, nachfolgend unsere wesentlichsten
Forderungen zur Wiederherstellung von bürger- und familienfreundlichen Wohn-
und Lebensbedingungen aufstellen:
1. Lärmkartierung
Wir fordern die umgehende Umsetzung der EU-Richtlinien zur Lärmkartierung
für Lützschena-Stahmeln durch die Stadt Leipzig. In für uns unverständlicher
Weise setzt die Stadt Leipzig die gesetzlich eingeführten Anforderungen
nach BImSchG nicht in unserem Stadtgebiet um. Es mangelt insbesondere an
Lärmkartierungen für den Straßen- Schienen- und Luftverkehr sowie dem Bodenlärm
des Flughafens. Die Stufe 1 war bereits zum 30.06.2007 und die Stufe 2 bis
zum 30.06.2012 umzusetzen.
2. Bebauungspläne
Der Vorhaben- und Erschließungsplan Nr. E-77 „Wohn-und Gewerbepark Stahmeln“
wurde 1993 von den Bürgern und der Gemeinde Lützschena-Stahmeln mit klaren
Zielsetzungen als
städtebauliches Bindeglied mit wohnumfeldverträglichem Kleingewerbe und
Wohnbebauung, als Mischgebiet, beschlossen und ab Eingemeindungszeitpunkt
zur verantwortlichen Fortführung an die Stadt Leipzig übergeben. Entgegen
dem Willen der betroffenen Bürger in den Bestandswohngebieten und dem schriftlich
eingereichten Protest unseres Ortschaftsrates, hat die Stadt Leipzig auf
eigenes Betreiben in einer Stadtratssitzung die Beschlüsse aufgehoben und
neu gefasst. Mit Aufstellung des aktuellen BP 354 wurde damit entgegen dem
Interesse des Gemeinwohls und dem Konfliktvermeidungsgrundsatz nach Baugesetzbuch
eine Situation geschaffen, die die betroffenen Anwohner nur noch durch „kosmetische“
Veränderungen unmaßgeblich beeinflussen können. Die substantiierten Stellungnahmen
der Bürger liegen seit dem 18.09.2014 der Stadt Leipzig vor und wurden bisher
nicht beantwortet. Mit dem hier neu geplanten 24stündig aktivem Gewerbegebiet
und 10.000 prognostizierten zusätzlichen Fahrzeugen pro Tag sowie der bekannten
Vorbelastung durch den Lärm des Flughafens, werden den Bürgern weitere drastische
Verschlechterungen der Wohn- und Lebensbedingungen aufgezwungen. Der BP
354 ist auf die ursprünglichen Zielsetzungen des VE Nr. E-77 zurückzuführen
um die Wohn- und Lebensbedingungen im und am Gewerbegebiet nicht zu verschlechtern.
3. Wohnstandort im Stadtgebiet Lützschena-Stahmeln
Bis zur Eingemeindung hieß es im Leipziger Amtsblatt Nr. 24 vom 21.11.1998
„Durch die gute Lage am Rande der Elster-Luppe-Aue und die günstige verkehrstechnische
Anbindung bietet Lützschena Stahmeln einen optimalen Wohnstandort für die
Zukunft. … Lützschena und Stahmeln sollen weiter zusammenwachsen. Der im
November 1994 eröffnete Wohn- und Gewerbepark Stahmeln trägt dazu bei.“.
Demgegenüber weisen die aktuellen Beschlüsse der Stadt Leipzig auf eine
systematische Rücknahme von bereits avisierten Wohnstandorten in Lützschena-Stahmeln
hin. Auch der ungeachtet aller Proteste neu aufgestellte BP 354 setzt der
dortigen Wohnbebauung ein Ende. Die Erweiterung des Flughafens, der Flugrouten
sowie Großgewerbe und Industrie sind die neuen Einfluss- und Verdrängungsfaktoren
für bestehende und geplante Wohnbebauungen.
Und das ungeachtet der Tatsachen, dass selbst der Investor Porsche einen
dringenden
Wohnbedarf für seine Mitarbeiter langfristig angemeldet hat, dieser durch
das neue Plangebiet 236 noch steigen wird und jährlich mehr als 11.000 Menschen
zusätzlich nach Leipzig zuwandern. Wir fordern den Schutz der bestehenden
und die Umsetzung der geplanten Wohngebiete im Stadtteil Lützschena-Stahmeln,
im Interesse einer vernünftigen städtebaulichen Entwicklung und unter Beachtung
des Gemeinwohls.
4. Beantwortung der Bürgerstellungnahmen zum BP 354
Wir fordern eine umgehende Beantwortung der Bürgerstellungnahmen zum BP
354. Die Stadt Leipzig soll ebenfalls Stellung beziehen, weshalb die Grundsätze
des Gemeinwohls und der Konfliktvermeidung nach Baugesetzbuch in der Neufassung
des BPs unbeachtet bleiben.
5. Grundsteuer/Hebesätze
Der durch die Stadt Leipzig beschlossene Hebesatz für die Grundsteuer B
liegt derzeitig bei 650 von Hundert. Das heißt, dass der einheitliche Messbetrag
mit dem Faktor 6,5 multipliziert wird, um die Jahresgrundsteuer für den
Steuerpflichtigen zu ermitteln. Leipzig platziert mit diesem Hebesatz nahezu
alle Durchschnittswerte der alten und neuen Bundesländer auf die hinteren
Ränge und verschlechtert damit zusätzlich die Wohn- und Lebensbedingungen
im Stadtgebiet.
An dieser Stelle ist anzumerken, dass es auch Städte und Gemeinden gibt,
die in der
Vergangenheit ohne Grundsteuer auskamen.
In den letzten Jahren sind hunderte von Millionen Euro unserer Steuermittel
in fragwürdige
Großprojekte wie das Bildermuseum, den Citytunnel, den Frachtflughafen Leipzig
u.a. geflossen.
Das Missmanagement kommunaler Betriebe, wie der Wasserwerke, und die mangelnde
Aufsichtspflicht und Kontrolle durch die Stadtverwaltung hat weitere Millionen
an Steuermitteln
verschlungen. Wäre die Stadt Leipzig dem Beispiel von Halle gefolgt und
hätte 2008 ihre Anteile an der Mitteldeutschen Flughafen AG auf 0,2% reduziert,
wären heute 5,6 Millionen Euro mehr im städtischen Haushalt (Quelle: Internet
openpetition).
Wir fordern von der Stadt Leipzig einen verantwortungsbewussten Finanzhaushalt,
ein
Reduzierung der Fehlausgaben und eine deutliche Reduzierung des Hebesatzes
B.
In Erwartung einer Beantwortung, unserer auf die Einhaltung des Gemeinwohls
und zur Verbesserung der Wohn- und Lebensbedingungen im Stadtgebiet Lützschena-Stahmeln
gerichteten Forderungen, bis zum 10.04.2015, verbleiben wir mit besten Grüßen.
gez. Helmut Werther gez. Klaus Ranft