Storchenleid in Lützschena und auch anderswo
Der Lützschenaer Storchenhorst hat nun schon eine lange Tradition. Die 1994
auf dem Schornstein der Gärtnerei Gordelt angebrachte Nisthilfe wurde bereits
im darauf folgenden Jahr besiedelt. Seitdem können die Lützschenaer jedes
Jahr ein Storchenpaar hoch über dem Dorf begrüßen. Der Bruterfolg wechselte
von „mehrfach kinderlos“ bis zu maximal vier Jungstörchen in den Jahren 2001,
2002 und 2012. Insgesamt starteten bisher 33 Jungvögel von Lützschena aus
in die weite Welt.
In diesem Jahr war das Storchenpaar bereits am 4. April komplett und die Lützschenaer
konnten sich an den familiären Geschehnissen bei Storchens erfreuen, der warmen
Witterung entsprechend 14 Tage früher als erwartet. Was mit bloßem Auge nicht
zu sehen war: die Storchendame, die bei den zum Teil heftigen Liebesspielen
in der Regel die Last des Gatten trägt, war mit einem Ring der Vogelwarte
in Wilhelmshaven gekennzeichnet. Über die Ringnummer konnten Geburtsort und
Alter des Vogels bestimmt werden: Die Lützschenaer Störchin ist vier Jahre
alt und wurde in Uckersdorf nahe Herborn in Hessen nestjung beringt.
Eifrig beobachtende Anwohner meldeten der Auwaldstation im Juni die Sichtung
von mindestens zwei Jungvögeln und deren kontinuierliche Fütterung durch die
Alten bis zum 13. Juni, aber auch ein untypisches, aufgeregtes Verhalten mit
viel Geklapper bei Abwehrkämpfen mit einem Drittstorch am 14. Juni. Danach
wurde am Nestrand ein kleines, lebloses, weißes Federbündel gesichtet.
Manfred Seifert von der Auwaldstation observierte den Horst sogleich mit einem
Fernrohr und musste feststellen, dass die angestammte Ringstörchin durch ein
anderes Storchenweibchen vertrieben worden ist. Keiner der Jungvögel hat den
Storchenkampf überlebt. Lützschena ist in diesem Jahr also ohne Jungstörche.
Das ist umso trauriger, da ja auch in Schkeuditz alle fünf (!) Schlüpflinge
gestorben sind. Waren es einige nasskalte Tage Anfang Juni? In Wehlitz scheint
der Horst auch ohne Jungvögel zu sein. Auf dem sanierten Horst in Modelwitz
hat sich nach zweijähriger Flaute wenigstens ein Einzelstorch angesiedelt.
Letzte Hoffnungen der Storchenfreunde ruhten auf dem Traditionshorst in Dölzig.
Aber Bergsteiger Erhard Klingner, der dankenswerterweise immer bei der Beringung
der Jungstörche auf dem 36 Meter hohen Schornstein am Elster-Saale-Kanal zur
Hand geht, rieb sich betrübt die Augen, denn er sah trotz offensichtlichen
Brutverhaltens der Altstörche in der Vergangenheit nur ein leeres Nest.
„Gar keine Jungstörche in Lützschena und Umgebung, das hat es seit langer
Zeit nicht mehr gegeben“, resümiert Storchenhorstbetreuer Manfred Seifert
traurig.
Ulf Eisvogel, 19. 06. 2014
In Wehlitz gibt es doch noch Nachwuchs (Anm. der Redaktion)