An dieser Stelle setzen wir die Abschrift der Chronik mit dem Eintrag vom Juli 1839 - vor 175 Jahren - fort:
† 8. Juli.
Mit dem Eintritte der schönsten Sommerwitterung sind Tage unaussprechlichen
Jammers über das Pfarrhaus gekommen. Mein einziges Kind, an dem meine ganze
Seele mit der innigsten Zärtlichkeit hing, dessen täglich zunehmendes verständigers
Wesen die theuersten Hoffnungen weckte, dessen vor fast 3/4 Jahren, im 8.
Jahre unserer ehelichen Verbindung erfolgte, schon aufgegebene Wünsche erfüllende
Geburt Jubel und Wonne verbreitete, dessen Leben und Gedeihen seitdem eine
unversiegbare Quelle der Elternfreude war – dieß liebe Kind ward am 30.
Juni von der Zahnruhr ergriffen, zu welcher schon am 3. Juli nachmittags
die heftigsten Krämpfe kamen, welche, aller herbeigeholten schleunigen ärztlichen
Hülfe zum Trotz, schon Abends nach halb 8 Uhr mit einem tödtenden Nervenschlage
endigten. Oed ist uns nun das Haus, ob auch noch 2 Pflegetöchterchen uns
geblieben sind; umsonst sehnt sich das Herz von früh bis Abends nach dem
entrissenen Lieblinge, und es wird sich sehnen, bis wir droben unsern Engel
wiederfinden zur unauflöslichen Vereinigung. Freundschaft und Liebe halfen
uns nah’ und fern tragen unsern herben Verlust; mit Kränzen und Guirlanden
in Fülle war die kleine Ruhekammer geschmückt die unser Liebstes aufgenommen,
und im langen Zuge nahmen die Gemeinden an der feierlichen Beerdigung meines
Thereschens Theil, die dem Gebrauche nach, ein Kindergräberplatz auf dem
Hänicher Gottesacker aufnahm. Sonntag war’s, zugleich ward das Fest Mariae
Heimsuchung [02.07. d.Ü.] gefeiert. Mein Beichtvater, Herr P. Herrnsdorf
von Wahren, sprach einige Worte am Grabe, ich selbst durch Gottes Gnade
dazu gestärkt, den Grabsegen (Vorgeläuten ward zur Abdankung) (den 1. Kindersegen
hatte ich ihr gerade 35 Wochen zuvor ihr bei der Taufe gegeben), und Herr
P. Gellert von Gundorf, das Vaterunser. Mit den schmerzhaftesten Empfindungen
eines gebrochenen Vaterherzens trennte ich mich von meines frühverblühten
Röschens Grabe, zu dem ich oft mit der gleichverwaiseten geliebten Gattin
walle. – Auch sonst hat der Tod (infolge von Ruhr und Krämpfen in der letzten
Woche so unter Lützschenas Kindern gewüthet, daß gestern vier Kindertodesfälle
auf einmal abgekündigt wurden.
Die zerstörenden Kräfte der Natur haben fortwährend hier und da bis in die
letzte Zeit viel Unheil angerichtet.
Julio medio. [Mitte Juli d.Ü.]
Eine fast epidemische Ruhr grassiert vornehmlich zu Lützschena, noch einige
Kinder sind daran gestorben, und namentlich in Jägerschen Hause liegt alles:
Mutter (Hoffnungslos d. 23. Juli) und Sohn und Tochter (Erwachsene). P.S.
Mutter und Tochter starben!