Die Chronik von Pfr. Ernst Moritz Reichel enthält für das Jahr 1863 – seinem Sterbejahr – nur wenige Einträge. Lesen Sie an dieser Stelle die Aufzeichnungen für den Monat Oktober 1863:

Jubiläum 18. Octbr 1813/63
Die Erinnerung an die Tage der vor 50 Jahren bei Leipzig geschlagenen Völkerschlacht wurde vom 16. bis 19. Octbr vornehmlich in Leipzig hochfestlich gefeiert. S. die darüber vorhandenen Zeitungsblätter (Leipz. Tagebl. Zeitg., Dorfanzeiger u.s.w.) und erschienen Schriften.
(nota bene: d. Mecklenburgische Pfarrer Jacobi war als Husar 1813 auf d. Ritterguthe zu Lützschena)

Dies war der letzte Eintrag in der von Ernst Moritz Reichel 1831 begonnenen Orts- und Pfarrchronik. Am 31.10.1863 verstarb er. Gemäß den seit 1562 bestehenden vertraglichen Regelungen wurde er auf dem Hänicher Friedhof begraben.
Wie eine derartige Beerdigung eines Pfarrers ablief, können wir einem Schreiben von ihm an Charlotte von Sternburg aus dem Jahre 1830 entnehmen, in welchem er die Beisetzung seines Amtsvorgängers schilderte:

„Bei meiner Rückkehr ins Trauerhaus fand ich den lieben Todten in seiner letzten Wohnung, unter Blumen und Kränzen gebettet, dass kaum der priesterliche Ornat zu sehn war; heiter und ruhig lag der Entschlafene da, er hatte einen guten Kampf vollendet! Nach 1 Uhr versammelten sich die Trauergenossen – beiderlei Geschlechts, und sehr zahlreich, wie sich denken ließ; bald kam die Schule mit den andern beiden Gemeinden an; die Kirchfahrt hatte auf eigene Kosten 8 Thomaner aus Leipzig in der Kutsche nach Hänichen holen lassen, sie dort beköstigt, und nun sangen diese am Sarge vor’m Hause, zwischen 2 andern Gesangbuchliedern, die schöne Arie: »Lebe wohl o mütterliche Erde.« Feierlich bewegte sich der lange Zug vorwärts in folgender Ordnung: die Schule und Geistlichkeit (die Pfarrer von Wahren, Rückmarsdorf, Gundorf, Leutzsch, Dölzig und Schkeuditz, P. Friedrich war abgehalten worden zu kommen); die Leiche, von Lützschener Einwohnern bis zur Grenze, und von Quasnitzern weiter bis zu deren Grenze, und endlich von Hänicher Kirchkindern bis ans Ziel getragen; hierauf die männlichen Anverwandten und Trauerbegleiter, nach diesen die weiblichen (wohl ists für eine Wittwe und für Tieftrauernde des andern Geschlechts gewiß eine harte Aufgabe, dem Sarge des Gatten, des Vaters und Freundes bis zum Grabe zu folgen; doch das will hier nun einmal die Sitte also, ihr mußten auch des seligen Pastors Hinterlassenen sich fügen; die Dresdener Tochter Demoiselle Caroline Theile war nicht zugegen, sie hatte erst Sonnabend Nachmittag die Todespost empfangen). Als der Zug eben bei der Kirchgasse in Hänichen ankam, schwiegen Gesang und Geläute, und vom Gottesacker herab ertönte, von gedämpften Posaunen sanft vorgetragen, die rührende Melodie: »Wie sie so sanft ruhn«, bis die ganze Prozession in der Kirche angekommen war; – ein kleines Todtenopfer, das ich selbst dem Heimgegangenen zu bringen mich gedrungen fühlte, und weßhalb ich mit den Schkeuditzer Stadtmusikern Tage zuvor Verabredung nahm. Der Sarg ward auf dem Altar niedergesetzt; nach einem Liede folgte die Predigt nebst Lebenslauf – P. Herrnsdorf schilderte die heitre Gemüthsruhe eines treuen Lehrers am Abend seines Lebens; darauf eine Arie, von Thomanern vorgetragen; der Segensspruch; 2 Verse; die Abdankung, kräftig und herzlich gesprochen von P. Maschner aus Rückmarsdorf, dem ältesten und treuesten Freunde des Verstorbenen; wieder eine Thomanerarie. Hierauf ward der Sarg zum Grabe getragen und eingesenkt; am Schlusse eines kurzen Gesangs betrat ich selbst den Erdhügel am Grabe und rief dem Guten das letzte Lebewohl, den letzten Dank nach! Es waren schmerzliche Augenblicke der bittersten Trennung und unzählige Thränen sind damals und dort vergossen worden! – Ein erhebender Thomaner Gesang beschloß die rührende Todtenfeier, nach deren Beendigung wir Trauergäste alle noch, bis nach 7 Uhr viele, auch Ihr Herr Bruder Gustav H. mit mir, im Pfarrhause einmüthig bei einander waren.“