Die Chronik von Pfr. Ernst Moritz Reichel enthält für das Jahr 1863 – seinem Sterbejahr – nur wenige Einträge. Lesen Sie an dieser Stelle die Aufzeichnungen für den Monat September 1863:

Erntedankfeste konnten Dom. 14. p. Tr [06.09.1963 d.Ü]. in Hänichen, Dom. 15./sr. [13.09.1963 d.Ü.] in Lützschena froh (Nur auf der Pfarre konnte das EDF. erst acht Tage nachher gefeiert werden, indem die Pfarrfrau an einem bösen Falle darniederlag, den sie in Leipzig bei Familie Beyer in der Stube gethan.) gefeiert werden, da d. H. Großes an uns getan hatte. Bald aber solle unser Lützschena viel, selbst unerhörtes Herzeleid erfahren, und von sich reden machen!
Am Scharlachfriesel erkrankten die drei ältesten Kinder der Tischlerfamilie Grube, 12, 9 ¾ u. 7 ½ Jahr alt, während die zwei ihr gebliebenen auch noch kränkelten. An derselben Krankheit lagen bald noch einige Kinder darnieder.
Dann endete die Gattin des Schmiedemeisters Fechner, 52 ½ J. alt, ihr Leben in der Verzweiflung bei zunehmenden, seit 21 Wochen sie peinigenden, aller ärztlichen Kunst spottenden, nervöshysterischen Leiden u. Schmerzen, - sonst eine christliche Frau, Gattin u. Mutter: darum durfte sie auch christlich bestattet werden.
Und am Nachmittag des 18n. Septbr. führte die offenstehende zur Kanzel u. Sacristei führende Kirchentür zu der schreckenden Entdeckung: daß Diebe eingebrochen waren u. den kleinen, (an den Fußboden mit Ketten gefesselten) Gotteskasten von Holz mit Eisenblech beschlagen entwendet hatten. Dieser wurde später unter einer neuen Schleusse bei deren Räumung (in der Nähe der Brauerei) versteckt gefunden, dabei nur die Emballage [ = Verpackung d.Ü.] u. das Schlößchen des sträflichen Packs.
Glücklicherweise sind die Zinsbogen aller, darin aufbewahrten Wertpapiere nicht mit bei ihnen belassen gewesen, und die Diebe haben demnach durchaus keinen Gewinn von ihrem Verbrechen. Die Gesamtsumme der, dem Kirchenvermögen u. anderer mit ihm verwalteten Cassen, betrug, nach 15 Nummern: 13,772 Thlr., die eines mitentwendeten Depositi [ = hinterlegte Sache d.Ü]: über 20,000 Thlr. Die gerichtliche Untersuchung ist sogleich eingeleitet worden. Vor der Sacristeitüre lag am Boden ein Eisenbahnbillet mit der Bezeichnung: „von Halle nach Schkeuditz, 14/9. V (r Zug)“.

Bei allen diesen Schrecknissen in der Menschenwelt prangt die Natur im herrlichen Blumenschmuck, selbst schöne Centifolien [ = eine Rosenart d.Ü.] sind wieder zu schauen.
Dom. 17.p.T., d. 27/9. fand in Wahren die feierliche Einführung des P. substit. Mros (zeither. Diac. in Klix bei Bautzen) statt, als Beichtvater des Herrnsdorfschen Hauses war auch ich dazu geladen. Mros ist Schwiegersohn des P. Hdf.