Sternburg-Villa in Lützschena bald wieder bewohnt

Lange haben die Einwohner von Lützschena auf die leerstehende Villa an der Halleschen Straße 110 Richtung Leipzig stadteinwärts links geschaut. Nichts tat sich. Die Bäume und Sträucher wuchsen immer höher und verdeckten bald das Gebäude. Aber seit dem Herbst 2012 sah man, dass eine Veränderung an der Villa passiert.
Eine langjährige Geschichte verbindet die Villa mit den Bürgern von Lützschena. Schon Anfang des 17.Jahrhunderts (1633) wird das Rittergut in Lützschena in den Kirchenbüchern erwähnt. Bereits 1666 wird Wolf Rudolph von Uechtritz als der Besitzer dieses Gutes genannt. Um 1756 existierte bereits eine Rittergutsbrauerei. Im Jahre 1822 erfolgt der Kauf des Rittergutes in Lützschena einschließlich der Brauerei durch Maximilian Speck von Sternburg. Jetzt zieht ein neues Leben in Lützschena ein. Viel Arbeit gibt es auf dem Rittergut aber auch in der Brauerei. Das ist die Existenzgrundlage für viele Bürger in Lützschena. Maximilian Speck von Sternburg veranlasst 1834/35 einen ersten Umbau der Brauerei und investiert in neue Technik. Ein Braumeister des „Augustinerbräu“ in München war Berater.
Nach dem Tod von Maximilian Speck von Sternburg 1856 übernimmt sein Sohn Alexander die Brauerei und das Rittergut; dessen Sohn James Alexander Speck von Sternburg leitete seit dem Tod seines Vaters ab 1911 die Brauerei und setzte sich sehr für technische Neuerungen ein. Leider starb James Alexander schon 1916 im Alter von 60 Jahren. Aber seit 1906 war Curt von Funcke Direktor der Brauerei. Als Generaldirektor und Betriebsführer der Brauerei und für Vertrieb des Lützschenaer Bieres fungierte Senator Oswald Winde. Ihm werden neben James Alexander Speck von Sternburg viele Verdienste um die Brauerei zugeschrieben. Jedenfalls hatten die Lützschenaer immer gute Arbeitszeiten in der Brauerei.
In den Jahren 1884-1888 ließ James Alexander Speck von Sternburg nach Plänen des Architekten Julius Zeißig (dieser hat auch mehrere Kirchen in Leipzig gebaut) die Villa Sternburg errichten. Die Villa wurde im Tudor-Stil, englische Neo-Gotik, auf dem Gelände links vom Eingang zur Brauerei gebaut. Mit ihren Zinnen auf dem Dach wurde sie ein Schmuckstück in dem Dorfe Lützschena. Sie stach von der Bauweise der ortsüblichen Gebäude erheblich ab und fällt auch heute noch deshalb auf. In diesem Gebäude wohnte und leitete Anfang des 20.Jh. Senator Oswald Winde. Zu seinen Ehren fand am 22.4.1940 das 50-jährige Dienstjubiläum des Braudirektors statt. Die Brauerei feierte.
Die Brauerei und die Villa waren ein fester Bestandteil im Orte Lützschena. Am 01.07.1948 wurde die Brauerei volkseigener Betrieb und hieß jetzt VEB Brau- und Malzkombinat Sternburg (Quelle: historische und städtebauliche Studie Lützschena, vom Dezember 1999). Bis 1989 arbeiteten 500 Beschäftigte in der Brauerei und produzierten das begehrte Sternburg-Bier. Im April 1991 wurde die Brauerei von der Dortmunder Brau- und Brunnen AG gekauft. Seit 01.09.1991 wird kein Bier mehr in Lützschena gebraut.
Auch die Villa erhielt einen neuen Besitzer. Als Verwaltungsgebäude für die Brauerei hatte sie ausgedient. Wechselnde Mieter bewohnten in den folgenden Jahren die Villa. Aber endgültig war es schließlich nicht. Nach und nach zogen alle aus. Seit dem Jahr 2000 hatte ein Künstlerehepaar die Villa bewohnt. Mit Auszug dieser Künstler im Jahr 2008 stand das Gebäude leer und wie schon erwähnt, es tat sich nichts.
Der Besitzer seit 1991 verkaufte die Villa im Jahr 2012. Der nunmehr neue Besitzer, ein Leipziger Privatinvestor, hat sich das Ziel gesetzt, die Villa in historischem Gewand wieder instand setzen zu lassen, abgesprochen mit dem Denkmalschutz. Zunächst mussten Bäume und Sträucher um die Villa herum entfernt werden. Die historischen Zinnen auf dem Dach waren in vorheriger Zeit abgetragen worden, wurden jetzt in mühevoller handwerklicher Arbeit wieder auf dem Dach positioniert. Vom Dach her hat man einen herrlichen Ausblick über die Landschaft. Bei gutem Wetter sieht man das Uni-Hochhaus, den Rathausturm von Leipzig und sogar das Völkerschlachtdenkmal. Leider sieht man aber auch das zunehmend verfallende Gebäude der Brauerei. Der Außenputz der Villa wurde unter Beachtung der Wärmedämmung zu einem strahlenden hellen Anblick. Ein Erker, den die Mieter vorher verglast hatten, wurde wieder in den originalen Zustand versetzt. Jetzt ist der rote Sandstein um Erker und Fenster zu sehen. Die Villa beherbergt in drei Etagen großzügige Wohnungen. Aber bevor der Innenausbau zu modernen Wohnbedingungen umgestaltet werden kann, mussten 350 Tonnen Schutt entfernt werden. Das Treppenhaus imponiert durch ein herrliches gedrechseltes Holzgeländer aus alter Zeit und muss noch aufwändig restauriert werden. Das Treppenhaus führt zu den drei Wohnungen. Das ursprünglich vorhandene Parkett in den Wohnungen musste zunächst entfernt werden. Vom Parkett her weiß man, dass es 1887 eingebaut wurde. Das Alter des Holzes konnte aus dem Jahr 1800 ausgemacht werden. Das Holz, welches zu Parkett verarbeitet wurde, hatte also drei Generationen getrocknet. Diese Einmaligkeit wurde vom neuen Besitzer beachtet und in seinem hohen Wert erkannt. Nach der fachgerechten Aufarbeitung soll das Parkett original wieder im Haus verlegt werden. Die Heizung im Haus ist modern. Nicht sichtbare Flachheizkörper werden elektrisch betrieben, eine spezielle Infrarot-Strahlung ist die Wärmequelle. Insgesamt beträgt die Wohnfläche der Villa 750 m2, die auf die einzelnen drei Wohnungen aufgeteilt sind. Jede Wohnung hat ihren besonderen Reiz, dazu gehören jeweils zwei Austritte (Loggia und Balkon).
Abgesehen von der überwältigenden Größe hat die untere Wohnung im Hochparterre eine Terrasse nach hinten zum Garten. Das Schlafzimmer dieser Wohnung ist riesengroß und beherbergt natürlich neben den Betten auch ein Badezimmer. Das Badezimmer ist in der Mitte des Raumes platziert, natürlich von Wänden umrahmt und so begehbar, dass man das Schlafzimmer nicht verlassen muss. Außerdem kann man von der Hochparterre-Wohnung aus die Einliegerwohnung eine Etage tiefer begehen. Diese Einliegerwohnung hat zusätzlich einen separaten Eingang von außen.
Die Wohnung in der ersten Etage hat ebenfalls das schöne Parkett und wie jede andere der drei Wohnungen verzierte Massivholzdecken aus der originalen Bauzeit. Die dritte Etage ist ebenfalls modern ausgestattet, hat auch originale Holzdecken und Parkett. Von der Wohnung aus steigt man auf das Dach, welches mit den schon erwähnten Zinnen ausgestattet ist. Abgesehen vom schönen Ausblick ist inmitten der Dachterrasse ein Wintergarten. Diesen sieht man von der Straße her. Also das ist Luxus.
Im hinteren Garten ist ein Parkplatz für alle Autobesitzer der Villa. Der Besitzer der Villa wird bestimmt bald Mieter für die drei Wohnungen finden. Mit so einer Wohnqualität wird sich jeder Mieter in der Villa in Lützschena wohl fühlen. Zu hoffen bleibt, dass das danebenstehende und sehr verkommene alte Brauereigelände und –gebäude bald wieder einer nützlichen Funktion zugeführt wird.



Diese Information wurde mit Einverständnis des Leipziger Besitzers von Frau Dr. Neumann für den Auen-Kurier freigegeben.