Die Chronik von Pfr. Ernst Moritz Reichel enthält für das Jahr 1863 – seinem Sterbejahr – nur wenige Einträge. Wir fügen deshalb an dieser Stelle Abschnitte aus dem Jahr 1833 ein:

27. Mai, als der 2te. Pfingstfeiertag, war den Bewohnern des Pfarrhauses ein besonders fest. Tag, weil Nachmittags 3 U. in unserer mit Maien und Kränzen geschmückten Kirche Jgfrau Louise Wilhelmine Theile mit dem Schullehrer Substitut [= Stellvertreter d.Ü.] in Wahren, Friedrich August Hase, von mir, Ihrem Schwager, getraut ward. Dem Brautzuge zur Kirche wohnte die ganze Familie v. Speck Sternburg bei. Das Hochzeitsfest hielt die fröhlichen Gäste bis Mitternacht vereinigt. Diesem erheiternden Familientage waren mehrere Tage voll Unruhe und Schmerzen vorangegangen, denn am 30sten. April entschlief der ehrwürdige, 88jähr. Stief-Großvater Fiedler in Leißnig zum besseren Leben, und schon am 10ten. Mai folgte ihm die gute Pflegemutter, Tante Klotz zu Grimma, im Tode nach. Beide hatte ich, wie sie sehnlichst wünschten, gleich nach den Osterfeiertagen, noch einmal besucht; nun sprach ich am 13n. Mai tiefergriffen das letzte Dankeswort am Grabe der edlen Dulderin, welche sich einst, nach unserer Aeltern Tode, meiner u. meiner Geschwister mit mütterlicher Liebe angenommen hatte, so daß auch ich, hätte sie nicht gethan, gewiß nicht seyn würde, was ich bin. Nach Leißnig mußte ich noch Donnerstags vor Pfingsten zur MobilarErbtheilung reisen, nach dem ich Tags zuvor in Grimma an Halsdrüsengeschwulst auf das heftigste gelitten (doch war Gottes Hülfe am nächsten, als die Noth am größten war).
Der Monat Mai hat sich überall, wie dauernd schön auch der Witterung nach von Anfang bis zu Ende (es gab nur am Himmelfahrtsfeste u. am 1. Feiertage kurze Gewitterregen, daher namentlich die Sommerfrucht und der Wiesenwachs sehr zurückkam, so daß abermals Futternoth eintrat) er war doch gar menschenmörderisch gezeigt; auch mein Patschen [ = Patenkind d.Ü.] , Clara Drobisch (im Sommerlogis zu Gohlis) ward am 28. Mai verklärt [ = ist getorben d.Ü] !
Schrecklicher war noch vor Ablauf des Monats folgendes Unglück. Nachdem am Nachmittag des 30 Mai´s, seines Geburtstags Joh. Gottlieb Elkner in Hänichen, einziger Sohn (und Kind, das die Aeltern erst nach 6 Jahren ihrer Ehe bekommen, daher 1 Jahr zuvor eine Pflegetochter angenommen, u. nach der ersehnten Geburt jenes Sohns nicht verstoßen hatten) des Handarbeiters in der H. Mühle) u. Einwohners Joh. Gottlieb E., seine Mutter dienstfertig bis 4 U. zur Seite gewesen, erhält er, wie so oft von ihr Erlaubnis zum Angeln bei der Mühle, wo ihn der Vater auch noch bei Gelegenheit des Vesperbrods auf dem Mühlhofe in der Nähe erblickt. Vergebens harren Abends die Aeltern der Rückkehr ihres Sohns, forschen endlich bis in die Nacht hinein umher, allein erst Morgens 3 U. findet man im Mühlwaag die Angel u. nicht weit davon den erstarrten Leichnam des im Wasser verunglückten Knaben, der bald nach 4 U. tags zuvor in das selbe gestürzt seyn mag. Vielleicht wäre er zu retten gewesen , wäre das Unglück von einer kleinen 8jähr. Augenzeugin, Herrmann Steiger, sogleich angezeigt worden!! Auch geschah das Unglück wohl nicht, wenn der H. Schulmeister um das Hänicher u. Quasnitzer Pfingstbieres willen sich nicht veranlaßt gesehen hätte, den Gregorinsumgang bis auf die nächste Woche zu verschieben! Die armen, verwaisten Aeltern waren natürlich furchtbar gebeugt, und das Begräbniß des Verunglückten fand von selbst die allgemeine Theilnahme.