Mühlenwohnhaus in Lützschena in neuem Glanz
Lange haben die Lützschenaer auf den Ausbau des alten Wohnhauses vom Mühlengrundstück
gewartet. Nun ist es endlich wieder zur alten Schönheit erwacht. Geht man
zum Schloss von Lützschena an der Schlosskirche vorbei, fällt das Haus, welches
jahrelang dem Verfall preisgegeben war, auf. Es war das Wohnhaus des ehemaligen
Müllers in diesem Gelände. Am Nebengebäude des Wohnhauses prangt die Bauinschrift
1797. Der Müller Friedrich Küttner hat seine Initialen FK einprägen lassen.
Alte Fotografien oder Zeichnungen (auch in der Gedenkschrift Lützschena, ungefähr
1999, als historische und städtebauliche Studie herausgegeben) bezeugen, dass
schon 1750 das Wohngebäude des Mühlengutes bestand. So gesehen gab es den
Müller Küttner schon vor 1822, als Maximilian Speck, später von Sternburg,
das Rittergut Lützschena mit dem dazugehörenden Brauhaus erwarb. Dann waren
Schloss und Mühlengut als Einheit den Lützschenaern ein Begriff. Müller Küttner
ließ sein Wohngebäude am Ende der Barockzeit errichten (Barock 1600-1750)
Diese Zeit ist gekennzeichnet durch eine gesteigerte Bautätigkeit. Das aufstrebende
Bürgertum und fleißige Handwerker hatten ein Streben nach Repräsentation und
schmückten ihre Häuser mit Verzierungen, angeglichen an die Barockbauten der
Prunkschlösser. Türen und Fenster und besondere Dachkonstruktionen zeugen
von fachlichem Können. Die Häuser haben innen auffallend schöne Treppenaufgänge.
Zudem wurde das Obergeschoss der Häuser in handwerklicher Holzbauweise gefertigt
(Fachwerk). Diese Bauart besteht aus einem Holzbalkengerüst mit senkrechten
Säulen, waagerechten Riegeln und schrägen Streben. Die Zwischenräume sind
ausgefüllt mit einem Flechtwerk aus Reisig, Schilf, Stroh, Lehm oder auch
z. T. mit Ziegeln.
Anfang 1990 erwarb der Leipziger Geschäftsmann Morawietz das Gelände des Mühlengutes
und begann mit der Sanierung. Schon 1920 war eine Sanierung des Wohnhauses
erfolgt. Aber immer gab es an dem Gebäude Wasserschäden. Solche Probleme gab
es bei der neuen Sanierung auch.
Seit Oktober 1997 ist der neue Besitzer, Herr Dr. Anders, Leipziger Bürger.
Für die Weiße Elster und die Auenlandschaft und das Gelände um das Schloss
Lützschena hatte er von Anfang an Interesse. Es war ein großer Zufall, als
er 2009 im Internet die Kaufmöglichkeit des Mühlenwohngebäudes fand. Und so
kam es zum Erwerb des Wohnhauses und des Nebengebäudes und des Turmes (ehemals
Taubenhaus). Im Frühjahr 2010 begannen die Aufräumarbeiten, anschließend die
Umbauarbeiten. Von Anfang an war sich die Familie einig, dass der ursprüngliche
Charakter des Hauses erhalten bleiben sollte, aber trotzdem ein modernes Wohnen
erforderlich ist. So wurde mit dem Denkmalschutz und der Unterstützung durch
die Stadt Leipzig, die ja froh war, dass das Haus fachgerecht saniert wurde,
eine ökologisch-ökonomische Bauweise praktiziert. Sehr hilfreich und fachmännisch
oblag die Bauleitung dem Lützschenaer Baubetrieb Pollmer. Herr Pollmer und
der Bauherr suchten für das Unternehmen geeignete Fachleute und fanden sie:
Kompetente Statiker, begabte Zimmerleute aus Crimmitschau (80% des Holzfachwerkes
musste ersetzt werden), Lehmbaufachleute aus Zschepplin und Bauingenieure
für die Entwässerung des Grund und Bodens des Hauses. Durch Wasserschäden
hatte das Gebäude eine Absenkungsdifferenz von 25 cm. Wichtig war dem Hausherrn,
der promovierter Chemiker ist, dass die Feuchtigkeit im Haus durch Lehm kapillardurchlässig
ist. So kommt es stets zu einer Durchlüftung der Wände und des Fachwerkes.
Holzfenster sind in diesem Zusammenhang genauso wichtig. Das Haus hat eine
moderne Heizung: Wasserpumpe, Erdwärme, Holzkamin. Die vielen kleinen Besorgungen
und Arbeiten lagen in der Hand des Schwiegervaters des neuen Hausbesitzers.
Mit großer Sorgfalt überwachte Herr Rolf Leibold den Bauablauf und erwies
sich stets als Multitalent für das Baugeschehen.
Noch ist das Haus nicht voll bezogen. Die Küche funktioniert schon. Aber viele
kleine Dinge sind noch zu erledigen. Mit Freude geht das junge Ehepaar an
das Gelingen ihres teuren Schmuckstückes .An einem kleinen angelegten Gemüse-Blumen-Beet
erfreuen sie sich jetzt schon. Auch das Nebengebäude und der Turm sollen noch
eine fachgerechte Bausanierung erhalten.
Zum Hof gelangt man durch ein schönes Tor. Der Eingang des Hauses ist von
der Hofseite. Die wunderschöne Haustür ist einladend zum Eintritt in das Haus.
In der großzügigen Diele überrascht der geschwungene Treppenaufgang, ein Fenster
in halber Höhe der Treppe bringt Licht ins Haus, geschmückt ist die Decke
mit einer Stuckrosette. Das Haus insgesamt bringt dem Besucher sofort Sympathie
entgegen.
Der Besitzer des neuen alten Hauses, welches 260 Jahre alt ist und zu den
ältesten Häusern dieses Baustils in Leipzig gehört, fühlt sich jetzt schon
als Neubürger in Lützschena wohl. Nach und nach will er in Lützschena heimisch
werden und die Geschichte seines Hauses und des Ortes erkunden. Freude würde
es ihm machen, falls Lützschenaer Bürger alte Fotos von seinem Haus und dem
umgebenden Gelände hätten, diese ihn darüber informieren.
Mit Herrn Dr. Anders unterhielt sich Frau Dr. A. Neumann vom Auen-Kurier