Am 9. März (Donnerstags), als am 1. Jahrestage des Todes unsrer guten se.
Baro-nesse Charlotte v. St. wurde Nachmittags eine Todtengedächtnisfeier,
mit Wissen u. Wunsche des H. Barons, der indeß mit seinen beiden Frln. Töchtern
nach Hannover vorigen Donnerstag zu verreisen veranlaßt worden war, in folgender
Weise veran-staltet. Um 3 U. holte ich, begleitet v. meinem Hänicher Sängerchor
u. den 12 Confirmanden u. Cdinnen dies. J. sowie von mehreren erwachsenen
Personen uns. Orts u. dessen Armen besonders, (denen ich gestern bereits
ihren Antheil á 10 Gr. von der Charlotten-Almosenstiftung überbracht u.
in ihren Namen in den Leipz. Zeitgen zu danken mich erboten) auf dem Hofe
den jungen Baron Hermann, der mit 2 Freundinnnen der Seligen, aus der Stadt
gekommen war, ab, u. wir alle verfügten uns, - freilich bei ungünstiger
Aprilwitterung, - zur Grabkapelle im Park. Die Sänger stimmten an: Wie sie
so sanft ruhe p. (während mehrere Kränze in die Kapelle zum Sarge getragen
wurden), darauf sprach ich in einigen Worte den Zweck der Feier aus; ihnen
folgte noch:” Im Grabe ist Ruh”, u. “Auferstehen, ja auferst. p.” worauf
wir unter wehmüthigen Erinnerungen die Stätte verließen, die soviel Theures
birgt. Den Sängern hatte H. Baron Sp. eine Gratification von 2 Rt. zurückgelassen.
Ich beendigte in diesen Tagen die, vom H. Baron mir abermals (einmal schon
früher, als ich noch s. Hauslehrer war) ehrenvoll übertragene Correspondenz
in Folge seines 2. Gemälde-Catalogs, der auf Ostern über 100 Personen (dartr.
vielen hoch- u. fürstlichen - Kaisern, Königen pp. selbst dem gegenw. Papste
Gregor XVI. (der einen evange. General v. Lepel aus Berlin freien Zutritt
zu s. verstattet weil dieser ihm durch einen herbeigerufenen deutschen Arzt
v. e. gefähr. Krebsübel im Gesäß be-freiet hat) u. Gesellschaften übersendet
werden soll; u. wofür H. B.v.Sp. sich sehr dankbar bewies.
Die Grippe u. andere Krankheiten grassieren noch immer weit u. breit, im
In- u. Aus-lande, zum Theil selbst verherrend.
Syrien hat am Neujahrstag durch Erdbeben über tausend Menschen verloren!
Der Frühling trat am 20. März mit neuem Schnee u. 4 Gr. Kälte ein; dieser
doppelte Nachwinter bringt uns um den Gründonnerstags-Honig: die armen Bienchen
können noch keine Nahrg finden, wie sehr auch oft die Sonne lockt. Die Elster
ist sehr ange-schwollen. Die Armen haben kein Holz! Fleißige Arbeiter können
jetzt auf der Leipzig Wurzener Eisenbahn täglich 20 Gr.- 1 Rt. verdienen.
Wenn nur H. Schulmstr. Cand. Oertel nicht - wie man vermuthen will, einen
Luftröh-ren-Polyp hat! -Er klagt fortwährend.
24. März. Charfreitag. Bei e. Kälte von 8°, die indeß bald sehr abschlug
vollzog ich die Confirmation der 12 Catechumenen dies. J. in der Kirche
zu Lützschena, welcher nach Tische die Gedächtnisfeier des Tods Jesu in
der Hänicher Kirche folgte; worauf ich noch in H. Schulm. Oertels Begleitg.
die Confirmanten zur Grabkapelle im Park führte.
Die Osterfeiertage verflossen rauh u. trübe meist, selbst Schneeflocken
gab’s, schön war der 29. März, an welchem sich die Mitglieder unsres Partial-Wittwen-Fiscus
bei mir zu e. außerordent. Convent zr. Besprechg über die neuen Gesetze
desselb. ver-sammelten.
Noch am letzten Tage des Monats fiel einiger Schnee. Kürzlich ward in Oesterreich
ein starker Erdstoß verspürt. Am 3. Tage nach Ostern brannte e. Theil Annabergs
ab. - reiche Sammlungen gingen bald auch aus uns. Niederlande dahin ab.
3. April, bepflanzte die Gemeinde Lützschena den ihr zugehörigen Platz jenseits
des Kirchstegs nach der Fischerei zu mit jungen Pflaumenbäumen, nachdem
die vordem daselbst befindlichen alten Weiden kürzlich abgeschlagen worden
waren. Ich, der Pfarrer, hatte weder an diesen Weiden noch an jener Anpflanzung
Theil, gönne aber den Leuten das Holz, sowie ich mich der jungen Bäumchen
freue, obgleich nun mehr für die Meinigen u. mehrer Umwohnend ein schöner
Wäsche-Trockenplatz verloren gegangen ist.
7. April. Nach einigen rauhen Tagen fiel seit vor. Nacht wieder eine gewaltige
Menge Schnee, und wehete es wie mitten im Winter, so auch die folgenden
Tage (so hatte ich gerade Sonntag Mittag eine Leiche (mit Abdankg in d.
Kirche zu Lützschena) bei Schneegestöber, u. darauf den schlechtesten Schneeweg
- tiefer u. nasser Schnee - nach Hänichen zur Kirchenzins-Einnahme.
Leider haben wir vor diesem neuen Winter, wie fast Alle wohl, den Wein v.
seiner Strohdecke befreit: wenn es diesem nur nicht übel ergeht denn d.
10 April ists: 5° Kälte am Thermometer! - Viele arme Vögelein fand man draußen
erfrohren, viele andere worden eingefangen. Die Wege u. Straßen waren theilweise
fast unbegeh- u. befahrbar, u. besonders empfanden die zur Leipziger Messe
reisenden Fremden dieß übel, u. ihre Güter langten zum Theil viel später
an. Die ganze Böttcherwoche [in der Leipziger Messe die Woche, welche der
eigentlichen Meßwoche vorausgeht d.Ü.] verfloß so winterhaft. Mit d. 15.
Apr. trat mildere Witterung ein, u. b. e. Wärme bis 9° schmolz der Schnee
sehr bald. Kaum aber warn mit dem 22. Apr. angenehme, warme Tage gekommen,
als es auch schon den 23 sq. ej. [und die folgenden Tage des Monats d.Ü.]
Gewitter gab. - Später noch viel Nässe.
27. Apr. Vorgestrige Nacht schon hatte ich die Tritte eines Fremdlings auf
unrechten Wegen im Vorhofe vernehmen lass. u. die Hinterpforte war geöffnet;
u. vorige Nacht verscheuchte der Wächter abermals einen Dieb, welcher über
die abgebrochenen Latten beim Backhause einbrechen wollte, dann aber mit
Zurücklassung eines Stocks über den Gartenzaun entfloh. Die hinterlassenen
Spuren veriethen neue od. unbesohlte Stiefeln u. eine kleine Person!