1994 - 2010: Adieu Madame! Du hast uns viel Freude bereitet. Ende Mai wars, als die Lützschenaerin Renate Nöther die Auwaldstation informierte: "Unsere berühmte Französin ist verunglückt! Im Flug hängt das rechte Bein herab. Das Knie ist stark geschwollen. Sie kann kaum stehen, sich nicht setzen." Auch in der Auwaldstation waren die Mitarbeiter ratlos. Manfred Seifert damals: "Das sieht ganz nach einem kapitalen Beinbruch aus. Solange das Tier fliegen kann, ist nichts zu machen. Der Storch erbeutet schreitend seine Nahrung. Wenn das nicht mehr möglich ist, schwinden irgendwann die Kräfte. Vielleicht können wir den Vogel in solch einem Moment einfangen und in die Tierklinik einliefern?" Die Bevölkerung war aufgerufen, Sichtungen des Pechvogels zu melden. Noch lange konnte die quasi einbeinige Vogeldame mit ihrem Partner in der Elsteraue und "in der gemeinsamen Wohnung" auf dem Schornstein der Görtnerei Gordelt beobachtet werden. Schwächer werdend, zog die verletzte Störchin ab Juli allein auf den Schornstein in Modelwitz. Zu ihrem Partner in Lützschena hatte sich inzwischen ein anderer Storch gesellt. Im August nun die traurige Meldung: PORSCHE-Mitarbeiter fanden den erschöpften Vogel auf ihrem Gelände und informierten das Veterinäramt. Die Fachleute stellten tatsächlich einen offenen Beinbruch fest. Wundbrand hatte bereits das gesamte Bein erfasst. Und auch das gesunde war wahrscheinlich durch die einseitige Überanstrengung in Mitleidenschaft gezogen. Der Charaktervogel der nördlichen Elsteraue musste eingeschläfert werden - ausgerechnet am Freitag, dem 13. August. Von Lützschena über Modelwitz bis Schkeuditz war der Großvogel als "die Französin" oder "Madame" seit Jahren ein Begriff. Mit der Ringkennung P2352-PARIS-FRANCE hat die Störchin einen Hauch Champs-Elysses in die Elsteraue getragen. Seit über einem Jahrzehnt erfreute sie als Winterstorch auf den Elsterwiesen die Spaziergänger. Für manche war ihre Fütterung mit Fleischstückchen das eigentliche Ziel der Winterwanderung zur Modelwitzer Elsterbrücke. Madame schlüpfte 1994 und wurde 1995 im französischen Elsass beringt. 1998 tauchte sie in Modelwitz auf und brütete dort regelmäßig, seit 2009 in Lützschena. Mit ihren wechselnden Partnern hat sie 19 gesunde Jungvögel in die weite Welt entlassen. Auch für Journalisten war der auffällige Vogel ein begehrtes Objekt. Von BILD bis LVZ - fast 40 Artikel und Notizen sind im Laufe der Zeit über Madame erschienen. Im letzten Winter posierte sie im MDR-Fernsehen. Über die Ursache der Verletzung kann man nur spekulieren. Aber in unserer verstellten und verdrahteten Landschaft haben solche Großflieger leider ein erhöhtes Unfallrisiko. Im vergangenen Jahr konnten die Mitarbeiter der Auwaldstation in Dölzig einen flügelverletzten Storch bergen und in die Tierklinik einliefern. Anfang September hielt sich bei Kleinpösna noch so ein beinverletzter "Unglücksrabe" auf. Adieu, Du flotte Französin! Manche werden Dich im Winter vermissen!

Ulf Eisvogel/05.09.2010

 

1. Madame in besseren Tagen
2. Der berühmte französische Vogelring
(beide Bilder: Dietmar Heyder)