Hausnummern in Lützschena-Stahmeln

 

Eingeführt wurde die Hausnummerierung nicht etwa, um den Menschen die Orientierung zu erleichtern, sondern um Steuereintreibern und Rekrutierungsoffizieren den Zugriff auf die Bewohner zu ermöglichen. . Zum ersten Mal tauchten die Hausnummern in den 20er Jahren des 18. Jahrhunderts auf. Vorher hatten die Häuser einen Namen, der aber nicht immer durch ein Schild sichtbar war. Das Problem dabei: Es gab viele gleich lautende Hausnamen. Ob Prag oder Paris den Anfang machten, lässt sich nicht mehr genau feststellen. Fest steht jedoch, dass 1727 in der Prager Judenstadt nicht nur die Häuser, sondern auch die Wohnungen stock-weise nummeriert wurden. Etwa zur gleichen Zeit wurden in den Pariser Vorstädten erstmals Nummern in die Türstöcke geritzt. Die eigentliche Welle der Hausnummerierungen setzte einige Jahre später in Preußen ein. 1737 wurde angeordnet, dass in kleinen Städten am Tag vor dem Einmarsch des Militärs Nummern an die Häuser anzuschlagen sind. Sinn und Zweck war die Erleichterung der Militäreinquartierung sowie die Rekrutierung wehrfähiger Männer. 1752 wurde dann in Preußen die allgemeine Einführung von Hausnummerntafeln verordnet. Berlin war vorerst davon ausgenommen. In den folgenden Jahrzehnten trat die Hausnummer in ganz Europa ihren Siegeszug an.

 

Für nicht wenig Verwirrung bei Touristen und Zugezogenen sorgt das Berliner System. Statt wie gewohnt die geraden Ziffern auf der einen und die ungeraden auf der anderen Straßen-seite zu finden, laufen die Zahlen vor und zurück. Der Hausnummer Eins liegt also genau gegenüber der höchsten Nummer. In Berlin gibt es noch eine weitere Besonderheit: Hier erhalten nicht nur bebaute, sondern auch unbebaute Grundstücke Nummern. Von behördlicher Seite wird daher auch nicht von Haus-, sondern von Grundstücksnummern gesprochen.

 

Nun wissen wir, dass es in Lützschena mindestens bis zum Jahr 1926 keine Straßennamen gab, sondern alle Häuser eine fortlaufende Nummer hatten. Erst nach der Einführung von Straßennamen wurde in der heute üblichen Weise nummeriert, nämlich dass man ausgehend vom Mittelpunkt des Ortes oder einer Hauptverkehrsstraße zu zählen begann, und zwar auf der rechten Straßen- oder Wegseite die ungeraden und gegenüber die geraden Nummern. Nun macht aber ausgerechnet die Gartenstadt, welche ja auf Quasnitzer Flur liegt, eine Ausnahme. Hier wurde das Berliner System angewandt, so dass man z.B. in der Bahnstraße oder dem Kleinen Poetenweg gegenläufige Hausnummern findet. Das erfordert das Anbringen von zusätzlichen Schildern an den Tafeln der Straßennamen, um die Orientierung zu erleichtern. Allerdings sind diese Schilder so klein, dass man sie auf größere Entfernung oder bei Dunkel-heit nicht lesen kann. Trotzdem ist das noch besser als in der Millionenmetropole Tokio, wo es weder Straßennamen noch Hausnummern gibt.

 

Berlin hat aber gegenüber Leipzig doch einiges voraus, denn hier fordert eine Vorschrift von den Hauseigentümern, dass die Hausnummern bei Dunkelheit so zu beleuchten sind, dass sie von der Straße her auch bei einiger Entfernung gut lesbar sind. Bisher ließ sich eine solche Regelung in Leipzig nicht durchsetzen, sehr zum Leidwesen von Taxifahrern, Rettungskräf-ten oder Polizisten. Ausschlaggebend dafür waren u.a. die Kosten, welche den Hauseigen-tümern durch die nötige Elektroinstallation und die Leuchten entstehen würden. Mittlerweile ist dieses Argument überholt, denn es gibt zu geringen Preisen beleuchtete Hausnummern, die ihre Batterien durch eine Photozelle speisen und sich über Dämmerungsschalter selbst ein- und ausschalten, also netzunabhängig arbeiten. Im Interesse der eigenen Sicherheit kann man deshalb nur empfehlen, derartige Hausnummern anzubringen. Bei einer plötzlichen und schweren Erkrankung, bei der jede Sekunde für eine erfolgreiche Rettung zählt, sollte man es den herbeigerufenen Helfern ermöglichen, schnell den Einsatzort zu finden.

 

Horst Pawlitzky