Vorgestellt: Neubürger in Lützschena

Junge Künstler suchen ihren Weg

 

In die geschichtsträchtige ehemalige „Sternburg’sche Villa“ an Lützschenas Hallescher Straße ist neues Leben eingezogen. Lange stand sie leer. Der Zahn der Zeit nagte an den alten Gemäuern. Doch im Innern des Hauses finden sich noch immer Zeugnisse einstiger Pracht, wobei die kunstvoll gestalteten Holzdecken in den hohen Räumen hervorstechen.

 

Jetzt hat ein junges Künstlerpaar den Mut aufgebracht, in die verbleichende Villa einzuziehen. Kaufen kann es Haus und Garten natürlich nicht. Dazu fehlt das erforderliche Kapital. Schließlich sind die beiden jungen Leute freischaffend tätig und stehen erst am Anfang ihrer Laufbahn, und das in einer Zeit, die für die meisten Künstler alles andere als rosig ist. So sind die beiden Absolventen von Hochschulen der bildenden Künste das Risiko eingegangen, Mieter auf Abruf zu sein; denn die Villa ist nach wie vor zum Verkauf ausgeschrieben. Aber wenigstens den weiteren Ruin der wertvollen Bausubstanz will das Paar mit seinen bescheidenen Mitteln aufhalten.

 

Angelika Pasch, Jahrgang 1982, ist Designerin auf dem Gebiet der künstlerischen Textilgestaltung. Sie beschäftigt sich mit textilen Gebilden unterschiedlichster Formsprache und Materialien. Ursprünglich kommt die junge Künstlerin aus Bielefeld, seit 2003 hat sie die Schönheit erzgebirgischer Landschaft für sich entdeckt und war zeitweilig dorthin umgesiedelt. An der Fachhochschule Schneeberg hat Angelika Pasch im textilen Bereich studiert und dort ihr Diplom erworben. Jetzt befindet sie sich in einer Zwischenphase. Mit Beginn des kommenden Studienjahres 2008/2009 wird sie an der Burg Giebichenstein, Hochschule für Kunst und Design in Halle bei Professor Ulrich Müller-Reimkasten mit einem mehrjährigen Aufbaustudium für textile Künste beginnen.

 

Zu Angelika Pasch gehört Holger Hochgeschwender, geboren 1975. Er wuchs in Jägersgrün im Vogtland auf. Nach einer erfolgreich abgeschlossenen Tischlerlehre studierte er an der westsächsischen Hochschule in Lichtenstein Bildhauerei bis zum Diplomabschluss im Jahre 2006. Heute ist Holger Hochgeschwender als Grafiker und Bildhauer tätig. Sein bevorzugter künstlerischer Gegenstand ist die Landschaft, plastisch wie zeichnerisch, für die er in der Flussaue rings um Lützschena reichlich Anregungen findet.

 

Nach Lützschena sind beide junge Künstler zufällig gekommen. Sie suchten in der Nähe von Leipzig eine Basis für ihr weiteres künstlerisches Schaffen. Die Stadt allerdings sollte es nicht sein. Häusermeer und Verkehrslärm, Hektik und Umweltbelastung mögen sie nicht. Nicht zuletzt spielen natürlich auch die Mietkosten eine beträchtliche Rolle.

Lange Zeit haben Angelika Pasch und Holger Hochgeschwender das Terrain ring um die Messestadt systematisch durchforstet, bis sie sich in Lützschena verliebten und hier innehielten. Sie reizt das ländliche Flair, trotz der unmittelbaren Nähe zur Stadt. Sie sind begeistert von der Auwaldlandschaft, dem  Schlosspark und den Flussadern, die sie durchziehen. Nicht zuletzt finden sie auch die Auwaldstation reizvoll und für den Umwelt- und Naturschutz lehrreich.  Und dann stießen die beiden jungen Künstler eben auf die leer stehende Villa, in denen einst die Familien der Freiherren Speck von Sternburg residierten. Sie bietet den beiden Künstlern ausreichend Arbeitsraum und Wohnmöglichkeiten, in denen sie sich spartanisch einrichten können. Bevor sie einzogen, unternahmen sie noch eine Studienreise durch Norwegen, das ihnen starke Erlebnisse bot und die Kräfte fördert zur Meisterung des nächsten Lebens- und Arbeitsabschnitts.

 

Schon heute haben beide Künstler enge Verbindung zu Studierenden der Halleschen Kunsthochschule. Oft treffen sich ganze Gruppen von ihnen in Lützschena in der Villa und im üppig bewachsenen Garten zum Gedankenaustausch und gemeinsamen künstlerischen Experimentieren. Für Lützschena sind die beiden jungen Leute eine Bereicherung, und sie wünschen sich einen möglichst langen Verbleib in der Villa, verbunden mit der  Entwicklung einer engen schöpferischen Verbindung mit den Einwohnern der Ortschaft.

Gottfried Kormann