Der  Gasthof Modelwitz

 

Wann und von wem  der Gasthof erbaut worden ist, kann mangels fehlenden Urkunden nicht gesagt werden. Die erste Nachricht über den Gasthof führt in die Zeit des 16. Jahrhundert. Es darf angenommen werden, dass der Rittergutsbesitzer und Herr des Dorfes Modelwitz das Recht des Bierausschanks hatte

 

Adam Knopf kaufte am 1. Juli 1618 den Gasthof für 100 Gulden. Nachfolger waren Jacob Stein, Martin Werner und Martin Bach. Im Jahr 1870 erwarb Martin Hennigk die Schenke mit Haus, Hof und einer halben Hufe Land für 315 Gulden.

Die weiteren Besitzer waren Peter Kretzschmar und Matthes Tröscher. Von 1713-1718 war Hans Georg Berger Eigentümer. Dieser verkaufte die Schenke für 2200 Taler an den anhaltinischen Amtmann Heinrich Julius Bernd, dem Rittergutsbesitzer zu Groß- und Kleinmodelwitz. Damit gehörte der Gasthof wieder dem Dorfherrn.

 

Nach der Völkerschlacht bei Leipzig war der Rittergutsbesitzer Carl Adam Traugott von Wuthenau Besitzer der Schenke. Dem Geheimen Finanzrat Julius Wilhelm von Oppel gehörte die Schenke ab 1819.

Im Jahre 1827  erwarb Georg Friedrich Funk aus Halle für 3850 Taler das Lokal, und es war damit wieder in Privatbesitz. Der nächste Besitzer war Johann Christoph Kind und danach sein Sohn Johann Wilhelm Kind. Dieser verkaufte am 1.10.1958 den Gasthof, der im Jahre 1853 „Gasthof zum Deutschen Haus“ hieß, für
3550 Taler an Johann Carl Neumann.

Als auf dem Wiener Kongress 1815 der Grenzverlauf zwischen Sachsen und Preußen neu festgelegt wurde, lag Modelwitz auf der preußischen Seite. Der Gasthof hieß „Preußisches Haus“ im Gegensatz zum unweit gelegenen Hänischen mit dem „Sächsischen Haus“.

 

Am 25. Oktober 1897 übernahm Carl Emil Naumann den Gasthof. Er erreichte, dass bis zum 18. Juni 1899 die Auflagen des Ritterguts ungültig wurden. Nach seinem Tode ging der Gasthof an seine Frau Emilie Naumann. Sie ging eine zweite Ehe mit T. Tessmann ein und verkaufte am 23. Juni 1905 den Gasthof an Gustav Weise für 32.000 Mark. Weise behielt den Gasthof bis Juni 1916. Er konnte ihn nicht halten, und so wurde Zwangsvollstreckung angeordnet. Frau Emilie Tessmann verwitwete Naumann übernahm am 4. Dezember 1916 wieder den Gasthof. Aber auch  ihr gelang es nicht das Grundstück zu halten und so kam es zur Zwangsversteigerung.

Die Sternburg-Brauerei bekam den Zuschlag für 53.000 Mark, obwohl der auf 100.000 Mark beziffert war.

Am 25. 9.1919 übernahm der Gastwirt Ernst Kohl den Gasthof „Zur Landesgrenze“ von der Brauerei Lützschenas. Ernst Kohl führt den Gasthof mit Tanzsaal (800 Personen) und einem der schönsten Konzertgärten im Leipziger Umland und der Devise:“ Und wenn der Saal noch so voll ist, gepumpt wird nicht“. Er führte den Gasthof bis Ende 1953. Ab 1954 wurde der Gasthof „Zur Landesgrenze“ an die HO (staatliche Handelsorganisation) verpachtet. Im Jahre 1963 schloss der Gasthof für immer seine Pforten. Danach nutzte ein Leipziger Großbetrieb die Räume bis zur Wende als Lager. Seit April 2003 betreiben die Geschäftsführer W.Kuhnert und R.Bauer den Gasthof wieder mit dem Rawo-Speisen- und Getränkeservice. Die sanierten Räume nutzt Vermieter W.Ronniger mit der Firma für Lüftungs- und Kühlanlagenbau. Das ehemalige Tanzlokal steht im rustikalen, gemütlichen Ambiente für Familien- und Betriebsfeierlichkeiten zur Verfügung

 

Anschließend noch einige Bemerkungen zur angelblichen Grenze durch den Gasthof: Als auf dem Wiener Kongress 1815 der neue Grenzverlauf zwischen Sachsen und Preußen festgelegt wurde, lag Modelwitz, wie schon geschrieben, auf der preußischen Seite. Die Überraschung gab es bei der exakten Grenzmarkierung: Die Grenze ging mitten durch den Tanzsaal. In der Weimarer Republik bekam die Gastwirtschaft eine politische Bedeutung. In dieser Zeit war es normal, dass in Sachsen oder Preußen irgendeine Partei verboten war. Kein Problem im Gasthof „Zur Landesgrenze“. Die Betroffenen nahmen einfach in dem Teil der Gastwirtschaft Platz, der zum Nachbarland gehörte. Die Polizei wachte darüber, dass die Grenze nicht überschritten wurde. Soweit die Legende über den Grenzverlauf.

Der genaue Grenzverlauf ist auf der topografischen Karte 4639 von 1907 zu finden. Die sächsisch-preußische Grenze geht von der ehemaligen Straßenbahnhaltestelle Modelwitz, die direkt zum Gasthof führte, südlich zur B 6, in der Mitte der Straße östlich und verläuft dann entlang der Waldstraße wieder südlich. Dieser Verlauf der Grenze berührt den Gasthof überhaupt nicht. Somit gehören alle Geschichten, die von der manipulierten Grenze und dem Gasthof erzählen, ins  Reich der Phantasie.