Lützschena vor 150 Jahren (Abschrift aus dem Tagebuch von Pfarrer Reichel -1831-1863 Pfar­rer in Lützschena - Monat Februar

1858 - 23. Februar

Mit der verdienten allgemeinen Theilnahme und Auszeichnung wurde heute unser Krell zu Grabe

bestattet, welcher vorigen Sonn­abend, d. 20ten Febr., Abends nach 7 U. auf dem Wege vom Gasthofe (wo eben ein „Sänger-Kränzchen" beginnen sollte) vom Schlagfluß getroffen, zusammensank und en­dete, als er nach Hause eilte, im jähen Schreck über die unerklärlich ausgebrochene Feuersbrunst, wel­che so eben die Küttnersche Mühl­guts-Scheune (wo zum Glück kein Getreide mehr vorhanden war) einäscherte. Gott bewahrte uns durch Windstille, die nur erst ge­gen Abend eintrat, vor größerem Unglück. (Schon jüngst in d. Nacht vom 3. zum 4. Febr. wurden wir durch Feuer-Geläute erschreckt, die deutsche Mahl- u. Oel-Mühle, Ei­gentum unseres hausärztlichen Freundes Dr. Elze in Schkeuditz, brannte ab). Ueberhaupt zeichne­ten sich die ersten Monate dies. J. durch kalten, dauernd wehenden Ostwind aus, bei niehemals bis 9° steigender Kälte.

Der Gutsbesitzer Joh. Gottlieb Krell war ein Viertel-Jahrhundert ein ein­sichtsvoller, gewandter und wohl­denkender herrschaftlicher Richter, später Gemeinden- u. Schulvor­stand und bis aus Ende Fleisch­steuer-Einnehmer, ein friedlieben­der Vermittler zwischen Herrschaft und Gemeinde, dieser ein Vorbild christlicher Kirchlichkeit, selbst zwar kinderlos, doch sonst verträgt. 42jähr. Ehe lebend, aber für Pfle­getöchter treulich sorgend, noch jüngst auch mit der St. Helena-Me­daille geschmückt, welche der jet­zige französ. Kaiser Napoleon 111. für alle Krieger geschaffen, die einst unter seinem Oheim bei Wagram u. sonst (1805 sqq.[sqq.= sequen­tes (=ff.) d.Ü.]) tapfer mitgefochten.

Er hat auch unser Pfarrholz durch seine Treue Sorge in seinen gegenwärtigen guten Stand gebracht und erhalten. Ihm bleibt ein ehrendes Andenken unter uns gesichert.