Stadt Leipzig

Schule Stahmeln, Grundschule Stahmelner Höhe 1

Trauer, Wut, Fassungslosigkeit, Hass, Trost und Hoffnung – Was ist das? Wir haben es alle erfahren müssen, Kinder Eltern und Lehrer unserer Schule.

Nachdem wir erfuhren, Mitja ist nicht mehr nach Hause gekommen, hofften wir, er ist am ersten Schultag nach den Winterferien wieder in seiner Klasse, lächelt uns zu und sagt, dass er nur bei einem Freund spielen gewesen war und hat die Zeit einfach vergessen. Wir kannten ja unseren Mitja.Um so größer war der Schock am Sonntagmorgen, eine Meldung durchs Radio: Mitja lebt nicht mehr.

In der Fassungslosigkeit trafen wir uns mit unserem Pfarrer Herrn Voigt. Am Montag wird unser erster Schultag sein, was können wir tun, um unsere Schulkinder aufzufangen. Frau Hirsch, die Klassenleiterin von Mitja, hatte das größte Problem zu lösen. Ihre Kinder müssen besonders getröstet werden und an diesem Tag wird eine neue Schülerin in diese Klasse aufgenommen. Sie kannte Mitja nicht.Wir wollten in der Grundschule und Nebenstelle eine Trauerecke vorbereiten, Blumen und Fotos von Mitja besorgen und Kontakt zum Elternrat aufnehmen.Vor dieser Runde waren wir geschockt und hilflos, nach der Runde gestärkt und zuversichtlich: „Wir schaffen das!“

Unser Pfarrer Herr Voigt nahm Kontakt zu den Nachbarkirchgemeinden auf.Können wir diesen ersten Tag und die folgenden überstehen? Am Montagmorgen waren in allen acht Klassen acht Seelsorger vor Ort. Die Schulpsychologen kamen auch zur Unterstützung für die nächsten Tage hinzu.Unsere Kinder stellten immer wieder die Frage: WARUM? Warum ist Mitja mitgefahren? Warum hat der Täter das gemacht? Was ist ein Sexualtäter? Und Kinder wussten auch, Mitja wurde ganz doll gequält und dann wurde er umgebracht.Unsere Kinder klagten über Kopf- und Bauchschmerzen, konnten sich schlecht konzentrieren und es wollten doch Kinder wieder in den gewohnten Schulalltag zurückkehren, um nicht immer an dieses schreckliche Ereignis zu denken.

Nun sind mehrere Wochen vergangen. Vor uns liegen viele Aufgaben, die zu lösen sind:

Wir feiern das Fest der JUNGEN TALENTE, im Mai ist unsere Projektwoche „Mein Leipzig lob ich mir“ und am Ende des Schuljahres ist unsere Gesamtschulfahrt nach Grünheide im Voigtland. Im März erhielten wir die Nachricht, unsere Schule ist wieder Sammelsieger von Sachsen und erhält einen Scheck von 1000,- €.Uns hilft die Sicht nach vorn und die Ablenkung im Schulalltag. Wir kommen aber immer wieder zurück auf die Spuren, die unser Mitschüler hinterlassen hat: Er freute sich, wenn er beim Wettrechnen die Rechenkrone tragen durfte. Er klopfte frühmorgens im Sekretariat an und fragte nach dem Befinden der Sekretärin. Er holte sich gern Nachschlag beim Mittagessen. Und er sang gern ein Lied auf den Weg zum Sportunterricht. Wir werden unseren Mitja nicht vergessen!

Sonja Hottas, Schulleiterin Grundschule Stahmeln


zurück | Inhalt April 2007 | Auenkurier Hauptseite

© 2007 Lützschena-Stahmeln