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Der Winter ist da
Wir sprachen mit der Leiterin Grundsatzfragen/Öffentlichkeitsarbeit der
Stadtreinigung Leipzig, Ute Brückner, über die neue Winterdienstsatzung
Auen-Kurier: Frau Brückner, künftig wird es in Leipzig zwei verschiedene Satzungen geben, eine für die Straßenreinigung und eine für den Winterdienst. Die Ratsversammlung hat die selbständige Satzung für den Winterdienst in der Stadt Leipzig (Winterdienstsatzung) beschlossen. Sie ist seit dem 1. November 2002 in Kraft getreten und seit diesem Termin für jedermann in der Stadt verbindlich. Warum war eine eigene Winterdienstssatzung notwendig geworden?
Ute Brückner: Das liegt in erster Linie an der Tourenplanung. Die Winterdienstvorbereitungen müssen bis zum 1. November eines jeden Jahres abgeschlossen sein. Bei der Straßenreinigung umfasst das Planungs- und Abrechnungsjahr den 1.1. bis 31.12. In die jetzt vorliegende Winterdienstssatzung wurden 75 km Straßen neu aufgenommen, so dass jetzt die Länge der im Winterdienst betreuten Straßen auf 547 km anwächst. Damit werden 36 % des gesamten Straßennetzes der Stadt, das insgesamt 1.543 km umfasst, im Winterdienst geräumt und gestreut. Wobei das natürlich nur die halbe Wahrheit ist; denn jede Straße ist doppelt, rechts und links, zu beräumen und zu streuen. Da die Räumbreite des Schneepfluges nur drei Meter beträgt, müssen viele Fahrbahnen von zwei Fahrzeugen gleichzeitig betreut weiter. Jeder kann sich vorstellen, was das für den Winterdienst, nicht zuletzt auch durch den ruhenden Verkehr, an Problemen mit sich bringt. An dieser Stelle kann ich mitteilen, dass unsere Vorbereitungen auf den Winter im Wesentlichen abgeschlossen sind. Die Streu- und Räumtechnik ist gewartet, die Streugutsilos sind gefüllt, die Einsatzpläne für den Ernstfall liegen vor.
A-K.: Nun kann sicher der Winterdienst auch nur nach seiner Leistungsfähigkeit handeln.
U.B.: Sie sagen es. Keine Stadt in unseren Breiten ist in der Lage, an den relativ wenigen tatsächlichen Wintertagen mit Schnee und Eis im Handumdrehen sommerliche Straßenverhältnisse zu zaubern. Die Kriterien der Wirtschaftlichkeit und die Umweltschonung kann man auch beim Winterdienst nicht außer Acht lassen. Es gibt Kommunen, die vollständig auf den Winterdienst verzichten. Jeder Bürger stellt sich dort auf die meist kurzzeitigen Behinderungen ein. Ich appelliere zunächst an alle Fahrzeughalter, sich mit ihren Fahrzeugen rechtzeitig auf den Winter einzustellen, die Wetterprognosen zu verfolgen und bei angekündigtem Schneefall längere Fahrzeiten einzuplanen. Selbst wenn nur einzelne Autos ohne Winterbereifung liegen bleiben, sind alle anderen auch behindert. Die Durchlässigkeit der Straßen nimmt stark ab, und die Schneepflüge sowie Streufahrzeuge können auch nur so schnell oder besser so langsam fahren wie die Verkehrsteilnehmer vor ihnen.
A.-K.: In der Winterdienstssatzung gibt es eine Reihe Begriffsbestimmungen, die man kennen sollte, beispielsweise ist die Kommune lediglich verpflichtet, an verkehrswichtigen und gleichzeitig gefährlichen Stellen zu streuen, bzw. zu räumen. Indessen gibt es eine Winterdienstpflicht für Gehwege und Überwege für Fußgänger, aber nicht für Straßen. Können Sie das bitte etwas genauer erläutern.
U.B.: Gefährliche Stellen liegen dann vor, wenn wegen bestimmter, nicht ohne Weiteres erkennbarer Umstände die Möglichkeit eines Unfalls auch dann nahe liegt, wenn die Verkehrsteilnehmer die im Winter allgemein erforderliche Sorgfalt (reduzierte Geschwindigkeit, Winterreifen, Schneeketten) walten lassen. Der Gesetzgeber nennt dazu beispielsweise scharfe, unübersichtliche oder sonst schwierige Kurven, Gefällstrecken, unübersichtliche Kreuzungen und Straßenmündungen sowie zur Glättebildung neigende Brücken und Straßen an Wasserläufen. Verkehrswichtige Straßen sind vornehmlich verkehrsreiche Durchgangsstraßen, Ortsdurchfahrten von klassifizierten Straßen, sowie innerörtliche Hauptverkehrsstraßen.
A.-K.: Für unsere Leser ist natürlich über das hinaus, was Sie bereits zu den Fahrzeughaltern gesagt haben, in erster Linie wichtig, was die Satzung unter Gehwegen und Grundstücken versteht.
U.B.: Das wollte ich gerade erläutern. Gehwege sind die für den
Fußgängerverkehr ausdrücklich bestimmten und von der Fahrbahn abgegrenzten
Teile der Straße, ohne Rücksicht auf deren Ausbauzustand und die Breite der
Straße. In Zweifelfällen gilt immer: ein Gehweg ist ein Streifen von 1,50
Meter Breite entlang der Grundstücksgrenze. Die Frage, was unter einem Grundstück zu verstehen ist, will ich mit der in
der Satzung enthaltenen Definition beantworten. Es heißt dort:
"Ein Grundstück ... ist ohne Rücksicht auf die Grundstücksbezeichnung jede
zusammenhängende wirtschaftliche Einheit des Grundbesitzes im Sinne
Bewertungsgesetzes ... Ein Grundstück wird durch die Straße erschlossen,
wenn eine rechtliche oder tatsächliche Möglichkeit des Zugangs zur Straße
besteht und das Grundstück durch die Straße wirtschaftlich oder
verkehrsmäßig genutzt werden kann."
A.-K.: Welche Pflichten hat der Grundstückeigentümer oder sein Beauftragter?
U.B.: Die Stadt leistet auf den Gehwegen grundsätzlich keinen Winterdienst.
Hier gelten die "Anliegerpflichten". Bei Schneefall sowie bei Eis- und
Schneeglätte sind das: In der Zeit zwischen 7.00 und 20.00 Uhr (an den Sonn-
und Feiertagen ab 8.00 Uhr) müssen die am Grundstück angrenzenden Geh- und
Radwege, Haltestellenbuchten und die Wege zu den Abfallbehältern beräumt
und abgestumpft werden. Besonders zu beachten ist, dass bei Hydranten und
Absperrschiebern und den Zugänge dorthin, sowie bei der Freihaltung der
Abflussrinnen für Tauhwasser, eine besondere Sorgfaltspflicht erforderlich
ist. Die Gehwege an gekennzeichneten Fußgängerüberwegen müssen so von Schnee
beräumt und bei Glätte gestreut werden, dass ein gefahrloser Zugang zu den
Überwegen möglich ist.
Und auch das sollte immer beachtet werden: Die Räum- und Streupflicht
erstreckt sich über die gesamte Länge des Grundstücks, mit der es an einem
Geh- bzw. Radweg anliegt, und immer an die mindestens 1,50 m Breite für die
Räumung denken. Zwei Personen müssen sich auf jeden Fall ungehindert
begegnen können.
A.-K.: Kann ich denn jedes beliebige Streugut zur Abstumpfung bei Schnee- und Eisglätte verwenden?
U.B.: Auf gar keinen Fall! Erlaubt und zuerst gefordert sich Sand oder Splitt. Nicht verwendet werden dürfen Asche, Kohlegruß und Ähnliches. Chemische Auftaumittel sind nur erlaubt, wenn auf Grund besonderer Witterungsbedingungen (z.B. Blitzeis) mit anderen Mitteln keine hinreichende Wirkung erzielt werden kann sowie auf Treppen, Rampen oder ähnlichen Gefahrenstellen. Auch bitte ich daran zu denken, dass die Streumittel nach dem Wegtauen von Schnee und Eis bei der Straßenreinigung mit weggekehrt werden müssen.
A.-K.: Gibt es denn auch rechtliche Mittel, die Bestimmungen der Winterdienstssatzung durchzusetzen?
U.B.: Auch das ist in der Satzung unmissverständlich geregelt. Die Nichteinhaltung der Winterdienstsatzung, deren wesentliche Bestimmungen ich erläutert habe, gilt als Ordnungswidrigkeit und kann mit einer Geldbuße bis zu 5.000 € geahndet werden. Doch ich bin der festen Überzeugung, es muss nicht erst Strafen hageln. Vielmehr meine ich, mit Vorsicht, gegenseitiger Rücksichtnahme und etwas Gelassenheit lassen sich auch die schönen Seiten des Winters erkennen.
A.-K.: Ich danke Ihnen für dieses Gespräch.
Interview: Gottfried Kormann