zurück | Auenkurier Hauptseite | Inhalt dieser
Ausgabe
In der Reihe der Vereinsvorsitzenden:
Lutz Heinrich vom Produktiv e.V.
Die
ihn kennen, nennen ihn Eisenheinrich
"Kultur ist
machbar!", schwor
sich Lutz Heinrich und gründete mit
diesem Vorsatz, gemeinsam mit gleichgesinnten
guten Freunden, im Jahre 1998 den
Produktiv e.V., mit dem er Kultur und
Kunst in der Region auf seine Weise in
Schwung brachte. Der seit 1986 in Lützschena in
der Bahnstraße 17 ansässige
Musiker ist in unseren Breiten
bekannt wie ein "bunter Hund". Er zählt
zum Leipziger Rock-Urgestein und
ist trotz seiner erst 46 Jahre fast schon
eine Legende. Immerhin war der ursprünglich
aus der Dresdner Gegend stammende
Komponist, Texter, Arrangeur und
Sänger, der sich schon frühzeitig
in die DDR- Hochburg der Rock- und
Popmusik Leipzig aufgemacht hat, bis 1979
erfolgreicher Frontmann in der damals
populären Gruppe SET. Seine jetzige
Band "Eisenheinrich", 1995 gegründet, ist mit ihrem Blues-Rock in der Szene
äußerst aktiv, gefeiert von
einer großen Fangemeinde.
Seit seinem achten Lebensjahr hatte Lutz
Heinrich nur einen Wunsch, er wollte
Musiker werden. Dieses Ziel zu erreichen
und zu einem eigenen Profil zu gelangen,
erforderte harte Arbeit. In seinem ersten
Berufsleben war er Schmied und verfolgte
Rhythmus und Melodik, wenn der schwere
Hammer auf dem Amboss aufschlug. Bald
aber verließ er das Schmiedefeuer
und studierte Gesang. Durch intensives
Lernen qualifizierte sich Lutz Heinrich
mit Energie und Ausdauer im praktischen
Spielen zu einem Können, mit dem er
in den siebziger Jahren in Leipzig die
externe Prüfung als Berufsmusiker
mit Bravour ablegen konnte, die ihm eine
freiberufliche künstlerische Tätigkeit ermöglichte. Die wurde ihm
allerdings von den Kulturgewaltigen der
DDR nicht leicht gemacht. Ab 1985 fiel
er bei ihnen wegen angeblicher "oppositioneller Tätigkeit"
in Ungnade, und
sie verpassten ihm ein Berufsverbot.
Er bestritt seinen Lebensunterhalt als Bierfahrer
und Filmvorführer, bis eines
Tages seine Geduld genug strapaziert
war. Bei der Leipziger Konzert- und Gastspieldirektion
haute er mit seinen schweren
Schmiedehänden auf den Tisch und
holte sich seine Spielerlaubnis zurück.
Nach der Wende erlebte er als
Gitarrist in der Renft-Combo deren Comeback.
Danach drängte es ihn jedoch
nach einer eigenen Band, die er gemeinsam
mit Jörg "Jogi" Franke und Hans
"Erbse" Moser aufbaute und mit der er
an frühere Erfolge anknüpfen
konnte. Seine beiden Freunde sind auch
im Produktiv e.V. mit von der Partie. Inzwischen
sind eigene Titel von Lutz Heinrich,
eingespielt von der Formation "Eisenheinrich", auf etlichen produzierten
CDs festgehalten.
Umfangreiche
und vielgestaltige Kunstproduktion
Lange schon empfand
es Lutz Heinrich als einen Mangel,
dass es in Leipzig zwar Kulturvereine mit
jeweils eng begrenzten künstlerischem
Profil gab, jedoch keinen, der unkompliziert
die verschiedenen Genres, Kleinkunst,
Musik, Schauspiel, Literatur, bildende
Künste und andere zu gemeinsamen
Projekten zusammenführte. Genau
diese Lücke wollte Lutz Heinrich
mit der Gründung des Produktiv e.V.
schließen. Mit seinen Mitstreitern
praktiziert er inzwischen solche Gemeinsamkeiten
mit viel Erfolg. Der Verein
lässt sich nicht auf eine bestimmte
Kunstrichtung festnageln. Ein Beweis ist
beispielsweise "Die Reihe", in deren Veranstaltungen zeitgenössische Musik
von der Avantgarde bis zum Rock und
Pop gespielt wird und mit der sich in wenigstens
vier Veranstaltungen pro Jahr in
der Leipziger City meist Nachwuchs-Interpreten
aus dem mitteldeutschen Raum erstmals
vor einem großen Publikum erproben
können. Noch deutlicher wird
das Zusammenwirken verschiedener Künste beim jährlichen Art-Festival
im August jeden Jahres auf der Open-Air-Bühne
im Clara-Zetkin-Park. Das jeweilige
Programm gestalten Artisten, Kabarettisten,
Musiker, Sänger und Schauspieler,
und manches vom Interpreten selbst
geschriebene Werk hat dabei seine
Uraufführung erlebt. Gleichzeitig
laufen beim Festival Ausstellungen der Arbeiten
bildender Künstler.
Lutz Heinrich und sein Partner Hans Moser
bewähren sich auch als Musik-Produzenten
und Förderer des Nachwuchses.
In ihrem leistungsstarken "Sternburg-Studio"
im Keller des Hauses in der Bahnstraße
ist immer etwas los. Hier
finden auch junge Künstler viele Möglichkeiten,
sich auszuprobieren.
Andererseits pflegt der Vereinsvorsitzende
die enge Zusammenarbeit mit namhaften
Künstlern, mit dem Schauspieler Dieter
Bellmann beispielsweise, der sich für
den Produktiv Verein einsetzt. Der
Verein verhalf dem bekannten Leipziger
Mimen Fred Delmare zu seiner, man höre und staune, ersten (!) CD, die eine
Art Hörbuch enthält. Gerade
diese neue Form, einem zahlreichen Publikum
Dichtung nahe zu bringen, findet zunehmend
starken Anklang.
Bodenständiger Lützschenaer
Produktiv e.V. ist sehr
darauf bedacht, als ortsansässige
Vereinigung in Lützschena und Stahmeln
in unterschiedlicher Weise wirksam
zu werden und das örtliche Kulturleben
zu bereichern. Dazu pflegt sie die
Zusammenarbeit mit den anderen Vereinen,
besonders mit dem Heimat- und dem Bismarckturmverein
und auch mit dem Kinderhaus
"Lützschenaer Sternchen", mit
dem er schon CDs geschaffen hat. Ergebnis
solcher Initiativen ist beispielsweise
die Reihe "Klassik im Park", die vom
Freiherrn Wolf-Dietrich von Sternburg ideell
betreut wird. Schon das zweite Jahr
ist sie im Schlosspark und in der Auwaldstation
erfolgreich. Überhaupt ist
die Zusammenarbeit zwischen Produktiv
e.V. und der Auwaldstation immer enger
geworden. Die dort stattfindenden künstlerischen Darbietungen, auch
von ausländischen Gästen, gleich ob es
sich um Musik oder Literatur bei den
"Lesungen am Kamin" handelt, erfreuen sich
eines regen Zuspruchs und locken viele
Interessenten in die landschaftlich einzigartige
Gegend. Besonders die Zusammenarbeit
mit kulturellen Einrichtungen in
Prag und Budapest wird gepflegt. Neben
der Parklandschaft ist der Bismarckturm
ein weiterer Veranstaltungsort in Lützschena.
"Rock am Turm" als Vorprogramm
zur jährlichen Sonnenwendfeier
ist bereits zur Tradition geworden.
In nur wenigen Jahren entwickelte sich der
Produktiv e.V. zu einem unentbehrlichen
Kulturfaktor in der Ortschaft. Das ist
vor allem das Verdienst des unermüdlich schaffenden und produzierenden
Eisenheinrich.
Gottfried
Kormann