„Werkstätten und Museum für Druckkunst"

Das neu hergerichtete Haus Nonnenstraße 38 in Leipzig-Plagwitz verrät von außen keineswegs. welche Kostbarkeiten darin ausgebreitet werden. Sobald der Besucher aber die Eingangspforte überschritten hat, setzt ihn das attraktives Innere des Gebäudes in Erstaunen. Den Jüngern Gutenbergs ist das legendäre Haus indessen seit langem ein Begriff. Bis heute hat hier die 1829 gegründete Offizin Haag Drugulin ihren Sitz, in der Meisterwerke der Druckkunst entstanden, und neuerdings beherbergt es eben jene Werkstätten und das Museum, die Geschichte manifestieren. Beide Einrichtungen sind mit dem Namen des Münchner Schrift- und Druckexperten Eckehard Schurnacher-Gebler verbunden.
Über zwanzig Jahre lang hat dieser kulturell so ungewöhnlich engagierte Mann Schrillen und Maschinen des Druckereigewerbes aus vier Jahrhunderten zusammengetragen. Er schuf die wohl vielfältigste typographische Sammlung in Europa. Darunter befinden sieh Exponate aus dem 16. Jahrhundert. Was dieser emsige Sammler und Praktiker in seinem Typostudio in der Münchner Goethestraße lange erträumte, hat er nach der Vereinigung Deutschlands in der Buchstadt Leipzig verwirklicht.
Die aus Schumacher-Geblers Schätzen durch seine Tatkraft in Leipzig entstandenen Werkstätten und das Museum für Druckkunst sind ein Ort des tätigen Schaffens und der Begegnung. Sie erfüllen nicht bloß die klassischen Verrichtungen eines Museums: Sammeln, Ordnen, Archivieren, Ausstellen und Interpretieren. In den Werkstätten werden auch Buchstaben gegossen, Texte mit Schriften gesetzt, die es heute nicht mehr gibt, und auf den vorhandenen historischen Druckmaschinen werden Manuskripte gedruckt. Alte Techniken werden so auch in unserem Zeitalter der wenig nachvollziehbaren computergestützten Satz- und Druckvorgänge erhalten.
Museum und Werkstätten haben in den letzten Jahren eine beachtliche Repräsentanz erreicht. Sie bleiben auch weiterhin wandelbar im Sinne von Lebendigkeit. Es kommen neue Exponate hinzu, meist aus alten auf-gelösten Druckereien. Auch die Besucherzahl hat erheblich zugenom-men. Vor allem Studenten und Mediengestalter führt für Lehre und Praktikum der Weg in die Nonnenstraße 38 außerdem auch Schulklassen und natürlich allgemein interessierte Freunde der Buch- und Druckkunst aus Leipzig und aus aller Welt. Nicht nur die Fachleute, die kommen, nein, alle Besucher sind überrascht und beeindruckt von der Fülle der zu sehenden und zu gebrauchenden wertvollen Schätze. Dazu gehören viele Bleischriften und Holzbuchstaben für den Handsatz, Schriftmatrizen, Setz- und Gießmaschinen, Handpressen und Tiefdruckpressen, Zylinderdruckmaschinen verschiedenster Art - kurz alles, was während einrlangen Entwicklung im graphischen Gewerbe für die Herstellung von Büchern und Drucksachen gebraucht wurde.
Inzwischen wird die weltweit bedeutsame und geachtete Einrichtung seit Juni 2000 von der neu geschaffenen Stiftung „Druckkunst" getragen, in enger Verbindung mit der gemeinnützigen „Gesellschaft zur Förderung der Druckkunst Leipzig e.V.", in der jeder, der Förderer sein will, Mitglied werden kann.
Auch künftig werden bibliophile Drucke unersetzbare Kulturgüter sein. Doch bald wird es nur noch in Leipzigs „Werkstätten und Museum für Druckkunst" dafür die technischen Voraussetzungen geben.

Kor.

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