Hier schlägt das Herz des Leipziger Güterverkehrszentrums
Unser Auenkurier veröffentlicht seit September 1999 regelmäßig Porträts der Firmen, die sich bisher im Güterverkehrszentrum Leipzig angesiedelt haben. Jenes Unternehmen aber, in dem alle Fäden für die Gestaltung dieses überregionalen, multifunktionalen Wirtschaftszentrums zusammenlaufen, ist die GVZ Entwicklungsgesellschaft mbH. Sie ist ein Tochterunternehmen der Landesbank Sachsen und im Auftrage der Sächsischen Staatsregierung für die Erschließung, Entwicklung und Vermarktung des Terrains des Leipziger Güterverkehrszentrums verantwortlich.
Der Auenkurier sprach mit deren Geschäftsführer Thomas Nünninghoff über die Aufgabenstellung, den Stand der Entwicklung und die Perspektive des Güterverkehrszentrums und seiner Entwicklungsgesellschaft.
Geschäftsführer Thomas Nünninghoff wurde in Duisburg geboren und war nach Beendigung seines Bauingenieurstudiums auf den Gebieten des Verkehrswesens, der Städteplanung und Wirtschaft mit verschiedenen Projekten im Ruhrgebiet und in Frankfurt am Main beschäftigt, unter anderem mit der Planung und Steuerung des neuen Firmenareals der Ruhrgas AG und, seit 1990, mit der Koordinierung verschiedener Bauvorhaben in den alten und neuen Bundesländern. Seit 1997 steht Thomas Nünninghoff dem GVZ-Team vor.
Das Interview mit ihm hat folgenden Wortlaut:
Auenkurier: Leipzig ist im Begriff, seine traditionelle Position als zentraler Handels- und Verkehrsplatz für die mitteldeutsche Region und Osteuropa auszubauen. Der Ballungsraum Leipzig-Halle entwickelt sich immer mehr zum wirtschaftlichen Schwerpunkt der neuen Bundesländer. Worin besteht in diesem Kontext die Bedeutung des Leipziger GVZ und der von Ihnen geleiteten Entwicklungsgesellschaft?
Thomas Nünninghoff: Eine grundsätzliche Bemerkung vorweg: Güterverkehrszentren werden als Schnittstelle zwischen den Verkehrsträgern Straße, Schiene, Binnenwasser und Luft beschrieben. Sie dienen der räumlichen Zusammenfassung und Koordinierung von Güterverkehrsströmen und sind, wenn man so will, exponierte Knotenpunkte innerhalb der Logistikkette. In Deutschland sollen laut Bundesverkehrswegeplan `92 dreißig bis vierzig solcher Anlagen gebaut werden. Fünfzehn sind in Betrieb oder im Ausbau, weitere fünfzehn befinden sich in der Vorbereitung. Europaweit gibt es eine gleichartige Entwicklung. Die EU fördert die Strategie für diese Maßnahmen mit dem Ziel einer europäischen Vernetzung im Güterverkehr.
Nun zum Güterverkehrszentrum Leipzig. Als logistisches Zentrum wirkt es als Mobilitätsfaktor für den gesamten Wirtschaftsraum Leipzig-Halle. Es wird auf insgesamt 340 Hektar Fläche zu einem Kernstandort für Unternehmen aus Produktion, Handel, Dienstleistung und Recycling entwickelt. Aus den bisherigen Firmenporträts, die Sie in Ihrem Ortschaftsblatt "Auenkurier" veröffentlicht haben, wurde ja bereits die inhaltliche Bandbreite der bisher im GVZ angesiedelten Firmen ablesbar. Bislang sind in den geplanten Quartieren A-C insgesamt 680 Mio. DM öffentlich und privat investiert worden. Damit in Verbindung stehen die 2.000 Arbeitsplätze, die zum Teil neu geschaffen oder eingegliedert worden sind.
A.K.: Was sind für Sie die klaren Standortvorteile des GVZ Leipzig?
Th. Nü.: Kurze Wege, verzahnte Transportwege, moderne Technologie, Zugang zu den großen Logistiknetzwerken im Beschaffungs- und Verteilungssektor, das sind Attribute, über die sich der Leipziger Norden zu einem wirtschaftlichen Motor in der Region entwickeln wird.
Der direkte Zugang zum globalen Luftverkehrsnetz, die weitere Etablierung der Messe, die Kombinationseffekte des GVZ und das infrastrukturelle Qualitätsniveau der Standorte, das sind die Attraktionspotentiale Leipzigs im Wirtschaftsgeschehen des nächsten Jahrtausends. Der Flughafen Leipzig-Halle liegt nur vier Kilometer entfernt und ist über die Autobahn innerhalb weniger Minuten zu erreichen, eine direkte Straßenverbindung zum Flughafenzubringer Schkeuditz ist in Planung.
Bei guter Straßenlage benötigt man lediglich acht Stunden, um jeweils die europäischen Außengrenzen zu erreichen ein Kriterium zum Thema "Echtzeit" in der Logistik.
A.K. Ist es da nicht ein entwicklungshemmender Faktor, daß die Deutsche Bahn AG ihre terminlichen Zusagen für die Errichtung ihres Terminals in Leipzig-Wahren bisher noch immer nicht eingehalten hat?
Th.Nü.: Tatsächlich ist das ein bedauerlicher Vorgang. Alles sieht allerdings jetzt so aus, daß in den nächsten Monaten das im Bau befindliche leistungsfähige Terminal für den Kombinierten Ladungsverkehr der Deutschen Bahn AG im Südbereich des GVZ fertiggestellt wird. Von der Mehrzahl der im GVZ ansässigen Unternehmen kann es dann direkt angelaufen werden. Nach der Inbetriebnahme wird diese Anlage das einzige öffentliche Containerterminal im Umkreis von 130 Kilometern und damit ein bedeutender Umschlagsknoten für maritime und kontinentale Fracht sein. Die Box und das GVZ bilden dann die Prozeß-Einheit im Güterumschlag der Region.
A.K.: Was sind die nächsten Fixpunkte, die von der von Ihnen geleiteten GVZ Entwicklungsgesellschaft angesteuert werden?
Th. Nü.: Als im vergangenen Herbst die Porsche AG sich für den Standort GVZ Leipzig zur Errichtung ihres großen Montagswerkes für seine neue Off-Roader-Serie entschied, dessen Bau inzwischen voll im Gange ist, war das der Startschuß für einen neuen zukunftsweisenden Entwicklungsabschnitt in unserem Güterverkehrszentrum. Porsche wird neben der eigentlichen Anlage des Montagewerkes wesentliche Teile des Zulaufes Fahrzeugplattformen aus Bratislava, Motoren aus Stuttgart-Zuffenhausen sowie auch die Distribution der fertigen Automobile weitestgehend über die Bahn abwickeln. Die Trassen dazu werden mit dem Industriestammgleis des GVZ verbunden sein. Zulieferer, Logistikdienstleister und Serviceunternehmen wollen in unmittelbarer Nachbarschaft zu Porsche bauen. Flächen zur Erfüllung dieser Wünsche sind vorhanden. Die gesamte GVZ-Struktur wird vom Porsche-Werk profitieren. Neben den absehbaren Neuansiedlungen im GVZ selbst, sind neue direkte Verbindungsstraßen in Planung, die die logistischen Abläufe im Gütertransport der Region weiter optimieren werden.
Wir entwickeln gegenwärtig auch, gemäß der erreichten grundlegend neuen Qualitätsstufe, die sehr hochwertigen Flächen im GVZ weiter. Bei diesen Flächen ist es zukünftig elementar, den von uns angestrebten Mix von Schlüssel-Investoren und Logistik-Dienstleistern umzusetzen.
Mit solchen Unternehmen werden wir der hier mittlerweile herausragenden Infrastruktur gerecht, die mit dem Ausbau des Flughafens, des Autobahnkreuzes Schkeuditz und der Neu- und Ausbaustrecken der Bahn ein einzigartiges Niveau erhalten hat.
A.K. Herr Nünninghoff, wir danken Ihnen für dieses Interview.
Interview: Gottfried Kormann
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